Im katholischen Münsterland – und in anderen Gegenden ebenso – weiß man, warum die Glocken zwischen dem Gründonnerstag und dem Ostersonntag schweigen: Sie fliegen nach Rom und kehren erst zu Jesu Auferstehung frisch päpstlich gesegnet wieder in die Glockenstühle der Kirchen zurück und läuten zum herrlichen Feste! Doch was wisst ihr heute noch z.B. über die seltsamen Gerätschaften, die stattdessen traditionell erklangen? Ich berichte euch ein bisschen von verschiedenen Brauchtumsgeschichten…
Ratschen
Nach dem Gloria am Gründonnerstag verstummen nicht nur die Glocken, sondern auch die Orgeln, und die Gläubigen verfallen in tiefste Trauer, denn Jesus ist am Kreuz gestorben. Am Karfreitag und Karsamstag erklingen nun stattdessen hölzerne Ratschen. Seit einer nicht ganz belegbaren, aber gefühlten Ewigkeit ist das Ratschenlärmen an den „stillen Tagen“ dokumentiert. Ursprünglich waren es wahrscheinlich Stöcke und Steine, die gegen die Kirchenbänke geschlagen worden sind. Die hölzernen Ratschen, bei denen Hämmerchen durch eine Kurbel angehoben und auf einen Resonanzkörper abgesenkt werden, führen diese Tradition, die statt der Glocken zur Messe ruft, fort. In Österreich ist das Ratschen in der Karwoche als Immaterielles Kulturerbe von der UNESCO anerkannt. Nach dem letzten Abendmahl wird übrigens auch aller Blumenschmuck und die Kerzen entfernt, ebenfalls als Zeichen der Trauer.
Trauer und Freude
Trauer und Freude liegen in diesen Tagen so eng zusammen, wie sonst ganz selten: Einerseits das Leiden Jesu Christi und sein qualvoller Tod (das „grün“ in Gründonnerstag kommt von „greinen“ = jammern, klagen!), andererseits aber danach die Aussicht auf die Auferstehung!
Palmzweige
Heute noch gibt es u.a. in katholischen Kindergärten den Brauch, Palmstöcke zu basteln. Der Palmsonntag ist eine Woche vor Ostersonntag. Am Palmsonntag wird an den Einzug Jesu in Jerusalem erinnert; die selbstgemachte Palmstöcke der münsterländischen Kinder werden im Gottesdienst geweiht. Sie bestehen meist aus Buchsbaumzweigen mit buntem Papier und Schleifen. Früher waren sie oft sehr aufwändig gestaltet, mit Süßigkeiten, Äpfeln und Heiligenbildern. Aus dem 19. Jahrhundert wird berichtet, dass die Kinder mit den Palmzweigen von Haus zu Haus gingen und zum Dank für ihre Lieder allerlei bekamen, was an den Zweigen befestigt wurde. Damals wurden die Palmzweige auch im Hause aufbewahrt, weil man an ihre segenspendende Kraft glaubte, manchmal sogar, dass sie heilende Wirkung hätten. Deutungen aus der Nazizeit über angebliche germanische Riten rund um die Palmzweige haben übrigens mit den Bräuchen, die fest im Kirchenjahr verankert sind, nichts zu tun!
Wehklagen und Aufräumen
Am „stillen Freitag“, wie der Karfreitag auch genannt wird, vermieden auch Schmiede oder Zimmermänner alles, was Lärm machte; traditionell wird der Tag mancherorts zum Aufräumen der Werkstatt genutzt. Das „Kar“ in Karfreitag bedeutet auf althochdeutsch Trauer oder Wehklage. Für protestantische Gläubige galt außerdem strikte Arbeitsruhe – Karfreitag ist der höchste Feiertag im Kirchenjahr.
Struwen
Was bis heute im Münsterland hohe Bedeutung hat und nicht wegzudenken ist: Die Karfreitags-Fastenspeise namens „Struwen“! Aus Mehl, Eiern, Milch und Öl sowie Rosinen wird der Struwen gebacken – eine interessant zu lesende Erklärung über Herkunft und das Wort an sich findet ihr bei Christof Spannhoff, Regionalgeschichte des Tecklenburger Landes, klick!
Ob protestantisch, katholisch, nicht-gläubig, einheimisch oder zugezogen: Struwen solltet ihr in jedem Falle mal probieren, ihr bekommt ihn in dieser speziellen Jahreszeit in allen Bäckereien in und um Münster. Am allerbesten schmeckt er – so mein persönlicher, höchst subjektiver Tipp – in Zusammenhang mit einer schönen Fahrradtour durchs Münsterland in einem der zahlreichen Hofladen-Cafés. Und wer es selbst mit Backen ausprobieren mag, findet auch online allerlei Rezepte, zum Beispiel bei Kirche und Leben, klick!
Alles Gute, zur Osterzeit und allzeit,
Gesundheit, Zufriedenheit,
Liebe und Frieden wünscht euch
Eure Türmerin von Münster.
Danke für diese Informationen.
Danke für den Beitrag.
Schöne Osterzeit
Auch Ihnen eine schöne Osterzeit!