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Turmstuben-Bastelei

Statt Bücherlesen gibt’s im Dezember Basteleien in der Türmerstube!
Thema: Der Herrnhuter Stern

Die Herrnhuter Sterne werden seit 1897 in der Oberlausitz von Hand gefertigt!

Sie sind der Ursprung aller Weihnachtssterne… Erfunden von der Herrnhuter Brüdergemein(d)e – ohne „d“ stimmt’s, mehr dazu gleich…, genauer: Vermutlich von einem der dortigen Internats-Erzieher, eventuell ein Mathematiklehrer, zur Vermittlung der Geometrie erfunden und gebaut. Die Kinder sind – so erzählt man sich – zum einen begeistert, dass Mathematik so schön sein kann, und außerdem hilft Basteln gegen Heimweh…, und so basteln sie fleißig seit dem 19. Jahrhundert an jedem 1. Adventssonntag die heute so berühmten Sterne und begründen damit eine Tradition… blog_bild_herrnhuter-stern


Heute kennt und findet man Herrnhuter Sterne überall in der Welt, von Asien bis Amerika.

Ich gebe es zu: Gesehen hatte ich diese Sterne schon oft, doch über ihre Geschichte wusste ich nichts. Und so war denn meine erste Assoziation: „Die Brüder namens Herrnhut, die basteln also diese Sterne, soso, wie viele Geschwister sind das wohl…“ 🙂

Der Erfinder der großen Marketingstrategie ist dann später Pieter Hendrik Verbeek, der einen durchbrochenen Metallkörper erfindet, auf den die Zacken des Sternes aus Papier mit Hilfe von Metallrahmen geschoben werden können. Man kann dadurch den Stern – nur echt mit 25 Zacken! – zusammenlegen und sehr leicht versenden.

Wie kommt eigentlich die Türmerin von Münster auf einen Stern mit langer Traditionsgeschichte aus der Oberlausitz?
Ganz einfach: Bei seinem Besuch hat der wahrscheinlich jüngste Türmer aller Zeiten, der wunderbare Felix aus Zittau (zum Bericht klickst Du hier!), mir einen ebensolchen Herrnhuter Stern mitgebracht! Der hat seinen Ehrenplatz über der Sitzecke in der Türmerstube.

Herrenhäuser Stern in der Türmerstube

Zur Vorgeschichte der Sterne habe ich dann recherchiert und kam so auf vielerlei über die interessante Historie der Herrnhuter Brüdergemeine – ohne d! Denn diese Unitas Fratrum – übersetzt: Unität / Gemeine von Brüdern – war eine evangelische Gemeinschaft, die vom 15. bis 17. Jahrhundert in Böhmen und Mähren lebte. Sie wurden während der Gegenreformation verfolgt und vertrieben und kamen vor ca. 300 Jahren in die Oberlausitz. Hier gründeten sie den Ort „unter dem Hut des Herrn“, der uns noch heute als Herrnhut bekannt ist.

Man muss sich vorstellen, dass die Brüder sehr vom Pietismus beseelt waren und ihre Mission hieß: Schaffung einer modernen christlichen Gemeinschaft. Sie zogen in Gruppen hinaus in die weite Welt, kamen in Kontakt mit Menschen, die nie zuvor ein Europäer getroffen hatte – in Grönland, Surinam, Tansania, Indien, Westfalen 😉 … – und natürlich wurden während der weltweiten Missionstätigkeit auch Kinder geboren. Die Unität bestand und besteht nämlich nicht nur aus „Brüdern“, sondern auch aus „Schwestern“.  Heute ist die Brüder-Unität eine selbstständige ökumenisch offene Kirche mit ca. 22.800 Mitgliedern. Mehr zu ihrer sehr interessanten Historie und über die heutige Ausrichtung der Unität auf der Homepage der E.B.U. – Evangelische Brüder-Unität (klick!).

Wenn ihre Kinder das Schulalter erreichten, gingen sie zumeist zurück in die alte Heimat und lebten (fern von den Eltern) im Internat. Die Internate sicherten ihnen eine gute Schul- und Berufsausbildung, doch das Heimweh und die Sehnsucht nach den Eltern waren sicher oft groß.

Die Ersatzfamilie, die Wohngruppen im Internat, schmückte in der Adventszeit ihre Stuben. Wann genau die berühmten Sterne erstmals auftauchten, ist nicht gewiss, aber mit dem Wissen um die damaligen Umstände – Kinder im Internat, hoher Bildungsanspruch, Wichtigkeit der Gemeinschaft – kann man sich gut vorstellen, warum das Basteln der geometrisch wunderbaren Formen sehr gut angenommen worden ist.

Bastel-Anleitung

aus einer historischen Bastel-Anleitung

Vielleicht haben die Kinder später als Missionare ihre Sterne auch mit in ferne Länder genommen, jedenfalls war 1925 der findige Verbeek dann soweit, ein Patent für seinen ersten körperlosen Stern anzumelden. Dieser besteht ja bekanntlich aus 17 viereckigen und 8 dreieckigen Zacken – und mit der Industrialisierung nahm der Triumphzug des Herrnhuter Sterns seinen Lauf.

Da ich sehr gerne bastel, möchte ich dieses Jahr mal etwas neues ausprobieren statt immer wieder adventlich herumzufröbeln; das Sternebasteln nennt man in Herrnhut „Sterneln“, wie süß!

Am liebsten würde ich mal kurz vorher in der Manufaktur vorbeischauen – die Schauwerkstatt mit Ausstellung zeigt alles, was man über diese genialen Sterne wissen muss. Allein – Herrnhut liegt weiter weg als meine alte Heimat, das Land Weitweitweg, nämlich weit weit weg in Sachsen, und dieses Jahr wird das nix mehr mit „bin dann mal kurz weit weit weg“… Für alle, die das auch gerne machen möchten, die Adresse:

Manufaktur, Schauwerkstatt und Café „Bei Sterns“,
Oderwitzer Straße 8, 02747 Herrnhut / Sachsen, Öffnungszeiten: Mo-Fr 9-18 Uhr, Sa 10-17 Uhr


Das historische Ladengeschäft (seit 1925) gibt’s übrigens auch noch:
Herrnhuter Sterne, Kunsthandwerk, Porzellan uvm.
Löbauer Straße 21, 02747 Herrnhut / Sachsen,
Öffnungszeiten: Mo-Fr 8-19 Uhr, Sa 8-12 Uhr


Und sehr viel versprechend klingt auch, was das Völkerkundliche Museum bereit hält – die Herrnhuter Missionare brachten schon früh allerlei aus fernen Ländern mit und gründeten 1758 ein „Naturalienkabinett“:

www.voelkerkunde-herrnhut.de

Es heißt, eine erfahrene Mitarbeiterin benötigt 1,5 Stunden für einen Stern. So ein Stern ist dann schon sehr anspruchsvoll, ich versuche es mit einer Bauanleitung (klick!), die 30-45min vorsieht – na, es bleibt spannend, ob eine Türmer-Schicht für mich nicht-erfahrene Hobby-Bastlerin ausreichen wird…

Auf die Plätzchen, fertig, los… Bastelt ihr auch gerne? Schickt mir gerne euer Best of an Erfahrungen und Anleitungen der Advents-Bastelei!

1 Kommentar

  1. Günter Habijan, Lange Strasse 227, 44627 Herne

    Hallo Martje,
    ich glaube ich werde mir auch so einen schönen Herrnhuter Stern besorgen.
    Danke für den Hinweis!
    Herzliche Grüße auf den Turm
    von Günter!

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