… und für die kleine historische Anekdote, die ich euch heute am Ersten Advent kredenzen möchte, habe ich mich beim Stöbern in alten Zeitungen im Stadtarchiv Münster inspirieren lassen:
Der Titel wirkt einigermaßen kurios – und die Geschichte dahinter ist es auch. Und genau solche Geschichten sind pures Historytainment, feine Sache!
Es begab sich also zu einer Zeit vor ein paar Jahren, da erschien in einer deutschen Zeitung mit Online-Ausgabe ein Artikel über die Türmerin von Münster…
… Frieden, das ist mehr also nur Streben nach Gewaltlosigkeit; Frieden bedeutet Harmonie, Glück, Freundschaft, Liebe, Wohlstand, Gerechtigkeit … Zu allen Zeiten des kollektiven Gedächtnisses ist Frieden ein Zustand, der nicht dauerhaft gehalten wird. Umso wichtiger ist das Erinnern an Zeiten, die jenseits der Friedensschlüsse lagen. Damit wir den Frieden überhaupt wertschätzen können. Heute gefühlt wieder mehr denn je.
Das Horn, welches mir 2014 feierlich übergeben worden ist, wurde 1950 angefertigt. Die Gravur besagt:
Anstelle des im Weltkrieg 1939-45 vernichteten alten Türmerhorns aus dem 16. Jahrhdt. angefertigt zur Wiedereinführung des Türmers v. St. Lamberti am 6.12.1950 Werkstatt K. Schräge Werkschule Münster.
Diese Werkstatt existiert nicht mehr. Deshalb wurde das Horn auch zur Wartung in die fachkundigen Hände der Blechblasmusikinstrumentebauer Ott gegeben, als das Mundstück-Innenleben einmal schnarrte und hakte.
Nun begab es sich aber just, dass ich einen meiner raren Informationsvorträge hielt und dabei selbst eine höchst interessante Geschichte erfuhr.
Eingeladen war ich von den Landfrauen Sprakel in den Heimathof des Heimatvereins Sandrup – Sprakel – Coerde e.V. (gegründet 1938) – übrigens ein wunderschöner Ort, an dem Geschichte erlebbar gemacht wird!
Und dort begegnete ich einer Dame, die mir berichtete, sie habe 1950 als Kind in das neu angefertigte Türmerhorn getutet, und zwar auf ihrem Bauernhof.
Was machte denn das Türmerhorn auf dem Bauernhof? fragte ich ungläubig.
Dort sei eine Flüchtlingsfamilie einquartiert gewesen, und der Sohn habe damals eine Lehre gemacht bei der Werkschule, als Blechblasinstrumentenmacher. Da gab es dann die Aufgabe, ein neues Horn anzufertigen für den Türmer von St. Lamberti, der 1950 als einer der ersten städtischen Angestellten überhaupt wieder im Dienst war, als Zeichen und Symbol, dass es weitergeht in Münster, auch wenn alles in Trümmern liegt.
Der Kollege auf dem Turm damals hieß Karl Greuling – ich habe über ihn berichtet, er schrieb Gedichte und vertonte sie auf seiner Zither (Klick).
Und der Lehrling, der das neue Türmerhorn einfach mal nach Hause mitnahm und alle Kinder auf dem Bauernhof hineintuten ließ, hieß Christian Scholz. Dessen Familie sei nach Australien ausgewandert, wusste meine Informantin im Heimathof am Max-Klemens-Kanal. Und Christian Scholz habe später eine eigene Werkstatt aufgemacht. Wenn ich es richtig behalten habe, im Sauerland.
Aufruf:
Wenn jemand hier mitliest, der den Kontakt herstellen kann zu Christian Scholz oder seinen Angehörigen oder anderen ehemaligen Lehrlingen und Mitarbeitern der Werkschule, die das neue Türmerhorn erschaffen haben, so wäre ich sehr erfreut über eine Nachricht!
Fazit: Unverhoffte Mosaikteilchen der Türmergeschichte in Münster sind immer herzlich willkommen, ich staune immer wieder über neue Erkenntnisse und freue mich darüber! Das ist Historytainment pur!