Im Juli 2015  – mitten im muslimischen Fastenmonat Ramadan – stehen diese Werke in den türmerischen Regalen:

1.) Philip Glass: „Words without music. A memoir“, Liveright Verlag 2015

2.) Navid Kermani: „Zwischen Koran und Kafka. West-östliche Erkundungen“, C.H. Beck, München 2014


Philip Glass ist bekannt als Minimalmusic-Komponist. Dieses Buch enthält viele interessante Einblicke in den Werdegang dieses Künstlers, und auch viele Fotos (siehe ggf. auch die Rezension von Kyle Gann in der International New York Times vom 7. Juni 2015).

Glass ist nunmehr 78 Jahre alt und blickt auf sein Leben mit allen Höhen und Tiefen zurück – in der Schule wurde er beispielsweise einige Zeit gehänselt, weil er gerne und gut Flöte spielte, und war deshalb verunsichert, ob er überhaupt eine musikalische Karriere anstreben sollte. Viele wichtige Schlüsselereignisse und Wegmarken sind dann verzeichnet – darunter natürlich auch die Opern-Erfolge „Satyagraha“ (1980) und „Akhnaten“ (1983), zahlreiche Filmmusiken für Martin Scorcese, Woody Allen, Errol Morris… usw.

Ich persönlich hörte zum ersten Mal bewusst seine Musik, als ich den Film „Koyaanisqatsi“ in der Schule sah (der Film ist von 1983, ich sah ihn etwa 1994). Dass Glass sich selbst auf Kafka oder auch Poe als Inspirationsquellen beruft, kann ich ebenfalls bei vielen Werken gut nachvollziehen (ganz konkret sichtbar: „The Trial“ nach Kafkas „Der Process“, 2014).

Durch Ravi Shankar kam Glass zur indischen Musik, die er auch transkribierte, auch wurde er in den 60er Jahren durch die nachhaltig beeindruckende Begegnung mit dem Dalai Lama zum Buddhisten.

2007 veröffentlichte er ein Werk, das sich mit Texten, Gedichten und der Musik des wunderbaren Leonard Cohen beschäftigt. Die ungeheure Bandbreite der Einflüsse reichen von John Coltrane bis Anton Bruckner. Glass war und ist auch der sogenannten Popularmusik gegenüber immer aufgeschlossen.

In Manhattan teilte sich Philip Glass eine Weile eine Wohnung mit dem legendären Moondog, der in diesem Jahr 99 Jahre geworden wäre und auf dem Münsteraner Zentralfriedhof seine letzte Ruhestätte fand.

Damit wären wir beim Münster-Bezug. Und es gibt noch weitere: 1991 unter Anderem wurde Glass‘ Stück „The fall of the house of Usher“ im Stadttheater aufgeführt.

Diese Autobiografie ist sicherlich spannend nicht zuletzt wegen des bewegten Lebens des jüdischen Musikers und Komponisten, der sich anfangs gar nicht so sicher war, ob Musik und Kunst überhaupt die richtige Richtung für ihn seien.


Navid Kermani: Zwischen Koran und Kafka – Kermani hat kürzlich den Friedenspreis des Deutschen Buchhandels erhalten.

Durch seine kluge und bewegende Rede im Bundestag zur „Feierstunde 65 Jahre Grundgesetz“ im vergangenen Jahr ist der Sohn iranischer Einwanderer aus Siegen sicher auch einem noch größeren Kreis als bisher bekannt geworden.

Der in Köln lebende Kermani ist äußerst vielseitig, als Autor, Journalist, Orientalist… nimmt er immer wieder regen Anteil am politischen, wissenschaftlichen und kulturellen Leben.

Das  hier vorliegende Buch trägt den von mir höchst geschätzten Kafka im Titel, der in vielfacher Form in der Türmerstube präsent ist – desweiteren lässt sich feststellen, dass Kermani nicht nur in diesem Werk dem ebenfalls höchst geschätzten omnipräsenten Goethe vollends entspricht: 

„Wer sich selbst und andere kennt, wird auch hier erkennen: Orient und Okzident, sind nicht mehr zu trennen.“ (aus Goethes Gedichtsammlung „West-östlicher Diwan“ von 1819).

Sämtliche andere großen Namen – Shakespeare, Lessing uva. – werden natürlich auch west-östlich erkundet, der Koran wird westlichen Leser*innen als poetischer Text nahegebracht; insgesamt verspricht diese Lektüre eine Horizonterweiterung und Inspirationsquelle für weitere Recherchen zu sein.