Jetzt ist’s wieder die Zeit der Weihnachtseinkäufe, es riecht nach Gebäck (und Glühwein), und manch einem wird’s trotz allem zu trubelig dort unten. In Münster freilich gibt es sie noch, die ruhigen Ecken, wo man sich besinnen kann und innehalten im hektischen Laufe dieser seltsamen Welt. Einen ganz besonderen stillen Winkel meiner Wahlheimat Münster in Westfalen möchte ich euch hier vorstellen. Mitten in der Stadt …
… befindet sich bekanntlich unter anderem die Stadt- und Marktkirche St. Lamberti. Und vom Turme aus blicke ich über die Giebelhäuser des Prinzipalmarktes hinweg auf Lamberti’s Nachbar, den Paulusdom.
Bis Ende des 14. Jahrhunderts nahm der großartige Bau seine heutigen Dimensionen samt Kreuzgang an – zerbombt im II. Weltkrieg und wiederaufgebaut ab 1946 – 109 Meter lang, ca. 53 Meter breit, Höhe des Nordturms: 57,7 Meter, Höhe des Südturms: 55,5 Meter. Eine kleine Domgalerie (beim Klick auf die Bilder öffnet sich die Galerie zum Durchklicken):
Auf dem Domplatz wird heuer jeden Mittwoch und Samstag der Wochenmarkt abgehalten und freitags der Ökologische Bauernmarkt.
Wer eine Pause vom Markttrubel oder vom Weihnachtsgeschehen braucht, geht gerne in eine der Citykirchen, zum Beispiel in den Paulusdom. Mein absoluter Lieblingsort ist der Domherrenfriedhof – dorthin gelangt ihr, nachdem Astronomische Uhr, Galen-Kapelle und gesamtkunstwerklicher kirchenhistorischer Schmuck gewürdigt sind, durch die Tür zum Kreuzgang an der Nordseite. Die Flure sind geschlossen, durch die zwei gegenüberliegenden Türen gelangt man in den Innenhof.
Und hier ist es erstaunlich still. Mitten in der oft pulsierenden City. Durchatmen!
Zwischen niedrigen Buchsbaumhecken liegen im Rasen gleichartige Grabplatten, die letzten Ruhestätten der Herren des Domkapitels. Die Gräber, die wir heute dort sehen, stammen aus neuerer Zeit, nach einer Pause im 19. Jahrhundert, da in Schichten bestattet wird.
Doch in der Mitte dieses stillen Winkels der Besinnung steht das, was den Titel dieses Beitrags ausmacht: eine Totenleuchte – eine gotische Säule aus Baumberger Sandstein, in deren Inneren Kerzen brennen können, auf der Spitze eine Doppeldarstellung des Todes, deren Totenschädel nach zwei Richtungen ausgerichtet sind.
Auf einer Tafel davor steht ein für Münster bedeutender Name:
Franz Friedrich Wilhelm von Fürstenberg wurde 1929 hierher umgebettet. Bestattet worden ist er zunächst auf dem Überwasserfriedhof. Als dieser mit Anlage des Zentralfriedhofs aufgehoben und als öffentliche Parkanlage umfunktioniert worden ist, sind die Gebeine des Freiherrn in die Mitte des Domherrenfriedhofs vor der Totenleuchte verlegt worden.
Der Freiherr von Fürstenberg lebte von 1729 bis 1810. Er war derjenige, der als Minister und Generalvikar die münsterische Universität gründete, die Verwaltung modernisierte und der als Mitglied im Freundeskreis der Fürstin von Gallitzin („familia sacra“) bis heute bekannt ist. Eine Statue, die ihn verkörpert, finden wir auch an der Pferdegasse, vorm universitären nach ihm benannten „Fürstenberghaus“. Fürstenberg soll die Totenleuchte im Zentrum des Domherrenfriedhofs gestiftet haben.
Seit 2021 wächst auch eine besondere Pflanze an diesem meiner Lieblingsorte: Eine Friedensrose des Vereins
Spuren finden e.V. – sie soll an die sechs Millionen ermordeten jüdischen Menschen, die Ermordung von 500.000 Sinti und Roma sowie an den als Euthanasie gerechtfertigten Mord an 350.000 psychisch, geistig und körperlich erkrankter Menschen erinnern.
Links:
Bistum Münster über die Aktion von Spuren finden e.V.
Paulusdom: Archäologische Grabungen auf dem Domherrenfriedhof 1987/88
Wunderbare Bilder, die Stille und Frieden ausstrahlen. Ein echter bildhafter und verbaler Spaziergang mit Tiefgang.
Vielen Dank, ich freue mich, dass Sie dies nachempfinden können. Alles Gute wünscht Ihnen Die Türmerin von Münster