Blick zurück… Artikel aus vergangenen Tagen (Teil I)

Mein besonderer Dank geht an Herrn Hermann Hagenhoff, der allwöchentlich ehremamtlich in der Präsenzstelle im Inneren der St. Lambertikirche der Ansprechpartner für Einheimische und Touristen ist. Er ist ein unerschöpflicher Quell des Wissens und gleichermaßen freundlich wie kompetent. Seine umfangreiche Sammlung der historischen Aufzeichnungen stellt er mir hin und wieder zur Verfügung; daraus entnommen und transkribiert habe ich die folgenden Artikel mit Türmer-Bezug:

1.) Zeitschrift für vaterländische Geschichte und Altertumskunde (1906)

2.) Münsterischer Anzeiger (1925)

3.) Hermann Schmitz: Soest und Münster (1925)

4.) Das schöne Münster (1931)


1.) Zeitschrift für vaterländische Geschichte und Altertumskunde. Herausgegeben von dem Verein für Geschichte und Altertumskunde Westfalens, durch dessen Direktoren Professor Dr. Pieper (Münster) und Professor Dr. Kuhlmann (Paderborn). Vierundsechzigster Band. Münster 1906, Regensbergsche Buchhandlung und Buchdruckerei (B. Theissing):

„Kirchen in Münster.

Von Konrad Henke.

Münster, die Stadt der Kirchen! Die Stadt der hohen, frei ragenden, die Stadt der zierlich verklärten, der atmenden Heiligtümer. Hoch in den Lüften, über den Wohnungen der Menschen, reichen sie sich die Hände. Ihr Glockenreigen gibt der Stadt den Rhythmus. (…)

Wenn abends vor die Zauberpracht der Fenster der Schleier der Dämmerung tritt, dann träumen mattgelbe Laternen am Lambertibrunnen. Leise sickert Tropfen auf Tropfen in das Becken herab. Märchenstimmung weht darum. Dann bläst der Türmer hoch über den Menschen sein Stundenlied. Ganz so, wie einst, in Zeiten, die nicht mehr sind. (…)“


 

Und hier ein interessantes Zeugnis, dass wahrlich nicht Jeder begeistert war von dem „neuen“ Hertel-Turm, den Pfarrer Hermann Joseph Kappen unbedingt durchsetzen wollte:

2.) Münsterischer Anzeiger, 1. Beilage 1925:

„St. Lamberti und der Prinzipalmarkt zu Münster.

Von Dr. Rudolf Bredeek.

Es ist nicht zu sagen, wie hochnäsig der Kirchturm der ehrwürdig-alten St.-Lamberti-Kirche seine Nase in die Luft steckt. Da steht nun dieser geliehene Geselle, schaut über seine Kollegen hinweg, pfeift mit dem Wind auf das ganze Stadtbild und seine fromm bewahrte Eigenart und foppt die Dummen, die seine ins Blaue sich räkelnde Lattengröße anstaunen. Da haben doch die anderen Türme andere Dinge erlebt als dieses Kind von einem Turm. Was ein echter Münsteraner Turm ist, der getreulich die Jahrhunderte hindurch geholfen hat, das Stadtbild zu wahren und schönen, kann es diesem Gerüst niemals vergessen, wie es noch just vor der Jahrhundertwende dem richtigen, alten Lambertiturm den Hals umdrehte und sich an dessen Stelle setzte. Neidlos kann man anerkennen, daß der Neuling ein nicht unschmucker Geselle ist, aber diese Schönheit ist wie ein selltenes Tier im Zoologischen Garten; sie ist fremd. (…) Sie wie aus einer Herde weidender Schafe, die in der Ebene vor dem Horizont sich abhebt, der getreue Schäfer gerade sich aufrichtet und rings behutsam Umschau hält, so stiegen aus dem gleichmäßigen Dächergewirr der engumgrenzten Stadt die Türme zur stetigen Ausschau, wo etwa auf schwieriger Landstraße feindliches Unheil heranrückte oder wo irgend der rote Hahn einem Häuslein im Nacken sitze zu gefräßig-frechem Tun. Dann aber drohte da das schwere Horn von St. Lamberti im Herzen der Stadt, und wer es hörte, der lief, um Waffen und Abwehr zur gefährdeten Stelle zu tragen.

(…)

Aber anders schauten neugierige Gesichter aus dem blanken Fensterlein, als großmächtige Botschaft kam von nahem Frieden in deutschem Land. Hei! Wie reckten sich da die Häuser, wie strammten sich die Pfeiler, wie lustig liefen die die Bogenreihen auf und ab. Der Wächter da oben sah sie zuerst ankommen, als er gerade an seinem Eisengeländer stand und Ausschau hielt.

(…)

Oft, wenn der Mond über die Dächer schleicht, träumt der Prinzipalmarkt von den Liebesleuten, die er sah. Ein Kichern klirrt dann spät wohl über den Markt, wenn er jener Magd gedenkt, die im Stelldichein vergaß, daß Kosezeit Fliegezeit ist, bis ihr der Wächter zwölfmal mit bösem Horn die Heimkehr in die Ohren schreckte. (…)“


3.) Hermann Schmitz: Soest und Münster. Mit 190 Abbildungen. Verlag E. A. Seemann 1925 (2), S. 117 ff.:

„Als Fernhändlerkirche am Markt wurde St. Lamberti zwischen 1375 und 1450 erbaut, die größte Pfarrkirche Münsters, und vielleicht auch die schönste, ein überaus feingliedriger gotischer Hallenbau. Vor ihrem Entstehen kreuzten sich hier die beiden großen Handelsstraßen von Westen nach Osten und von Süden nach Norden. (…) Geblieben ist jedoch das Amt des Türmers, dessen Horn auch heute wieder allnächtlich über den Dächern der Stadt erschallt.


4.) Das schöne Münster. 3. Jahrgang, 13. Heft, 1. Juli 1931.
Betty Schneider-Freiburg (S. 206):

„Wie ein Märchen ruht die schöne Stadt im Kranze ihrer Linden. In ihren Mauern schläft man geborgen, denn sie hat Altes bis in die neueste Zeit hinein bewahrt: Tag und Nacht wohnt ein Türmer in Sankt Lamberti grauem Turm. Allnächtlich flammt zu jeder Viertelstunde ein Lichtlein auf, und der Wächter bläst die Stundenzahl nach allen vier Himmelsrichtungen. Noch trage ich den Klang in mir, den altvertrauten. Wie besinnlich war es, in schlaflosen Nächten dem Ruf des Hornes zu lauschen, der regelmäßig wiederkehrte! (…)“

 

War das wirklich so? Tag und Nacht wohnte ein Türmer im Turm von St. Lamberti? Das wäre noch zu recherchieren…! 😉