Der Plan des Monats Juni: Zwei sicherlich tolle Bücher, und zwar:
Paul Auster – Mond über Manhattan
und
Nuruddin Farah – Jenes andere Leben
Meine Turmstubenbücher wechseln ständig den Ort und den Namen; diese, die aktuell oben sind, heißen Turmstubenbücher, und jene, die durchgelesen wieder heile nach unten gelangten, heißen Turmstubenbücher a. D.
Mittlerweile stapeln sie sich recht hübsch – jedenfalls die in meinem Besitz befindlichen, ein Teil hat sein Zuhause ja auch in der Stadtbücherei – und ich liebe Text-Passagen mit Büchern oder Bücherfreund*innen, interessant sind aber auch Bücherhasser*innen oder Bücherignorant*innen. Die Großmutter eines meiner besten Freunde sagte einmal jenen merkwürdigen Satz: „Bücher? Das sind doch bloß Staubfänger!“.
Ich würde sagen, jein – solange sie in Gebrauch sind und hin und wieder in die Hand genommen werden, setzen sie keinen Staub an, die 20bändige Ausgabe von Meyer’s Konversationslexikon mit Blattgold hingegen steht seit Erfindung des Internets verloren ganz oben im Regal und aus dem Staub darauf ließe sich ein stattlicher Turm zusammenfegen…
Immer mal wieder erreichen mich tolle interessante Tipps, welches Buch zu mir passen könnte. Dabei sind die Kriterien sehr vieldeutig: Türme aller Art, Türmer*innen, Aussichtsplattformen, Münster, Münsterland – und natürlich sehr gerne auch: Einsiedler*innen, aussterbende Berufe, seltsame Menschen und ihre Biografien, und Bücher über Bücher.
In dieser Ausgabe der Turmstubenbücher geht es um Werke, die mir Larissa L. und Volker P. empfohlen haben – vielen Dank dafür!
Paul Auster – Mond über Manhattan (Original: «Moon Palace»).
Aus dem Amerikanischen von Werner Schmitz,
rororo Rowohlt 2012
Paul Auster schreibt über Irrwege der Selbstfindung: Ganz auf sich allein gestellt, ohne Wohnung und Einkommen, ein Stadtnomade, überlässt Marco Stanley Fogg sich den Launen des Zufalls:
„Ich teilte mir diese Wohnung mit über tausend Büchern. Sie hatten ursprünglich meinem Onkel Victor gehört, der sie im Lauf von etwa dreißig Jahren nach und nach gesammelt hatte. Kurz bevor ich aufs College ging, bot er sie mir spontan als Abschiedsgeschenk an. (…) Die Kartons erwiesen sich dann als recht nützlich. Die Wohnung in der 112th Street war unmöbliert, und anstatt mein Geld für Dinge zu verschwenden, die ich nicht wollte und mir auch nicht leisten konnte, machte ich aus den Kartons etliche «imaginäre Möbelstücke». (…) Meine Freunde fanden es ein wenig seltsam, hatten jedoch inzwischen gelernt, bei mir mit Seltsamem zu rechnen. Bedenkt, wie befriedigend es ist, erklärte ich ihnen, wenn man ins Bett kriecht und weiß, daß man auf der amerikanischen Literatur des neunzehnten Jahrhunderts träumen wird. Stellt euch das Vergnügen vor, sich zum Essen hinzusetzen, und unter dem Teller lauert die komplette Renaissance. In Wahrheit hatte ich keine Ahnung, welche Bücher in welchen Kisten waren, aber damals war ich ganz groß im Geschichtenerfinden, und mir gefiel der Klang solcher Sätze, auch wenn sie falsch waren.“
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