Kirchenglocken haben unter Anderem eine erinnernde Funktion. Sie erinnern an den Gottesdienst, an die Zeit, an bestimmte Feiertage und Hochfeste und an den Menschen, dem sie gewidmet sind. Erinnern möchte ich mit diesem Blog an die Geschichte und das Brauchtum der Stadt Münster, die untrennbar mit den Worten und Symbolen „Frieden“ und „Toleranz“ verbunden ist, wovon die Welt gerade viel, viel mehr benötigt, im Kleinen wie im Großen…
Das Geläut der St. Lambertikirche zu Münster, Westfalen (die Kirche mit den „Wieder-“ Täuferkörben und dem städtischen Türmerdienst), besteht aus 4 alten und 4 neuen Glocken.
In dem Glocken-Special dieses Blogs wurden schon vorgestellt:

1. Die Lambertus-Glocke von 1493,

2. die Mariengocke von 1493,

3. die kleine Katharinenglocke von 1497 und

4. die große Katharinenglocke von 1619.

Sie alle haben die äußerst wechselhafte Geschichte der Stadt unbeschadet überdauert. Eine natürliche Abnutzung gibt es aber trotzdem, und nicht zuletzt um diesen Bestand zu schonen wurde beschlossen,

„oberhalb der vier alten Glocken noch vier weitere kleinere Glocken als ergänzende ‚Klangkrone‘ anzuschaffen. (…) Eine besondere Aufmerksamkeit wurde den Patrozinien der neuen Glocken gewidmet. Das Hauptaugenmerk lag auf einer in sich geschlossenen Bewidmung mit dem dominierenden Thema ‚Glaubenszeugen unserer Zeit‘.“ (aus einem Info-Faltblatt der Kirchengemeinde St. Lamberti)

In diesem Beitrag geht es um die größte dieser vier neuen Glocken: Die Maria Droste zu Vischering-Glocke. 

Gewicht: 1000 kg

Tonhöhe: f

Durchmesser: 1180 mm

Umschrift: SELIGE SCHWESTER MARIA VOM GÖTTLICHEN HERZEN DEM ADELIGEN GESCHLECHT DROSTE ZU VISCHERING ENTSTAMMEND, MARIA GENANNT. EINE TREUE HELFERIN DER JUGEND UND DER ARMEN, SELIGE MARIA, HILF, DASS UNSERE HERZEN IM HERRN RUHE FINDEN.

Angefertigt wurde das ergänzende Geläut 2008 in der Glockengießerei Petit & Edelbrock in Gescher, einem Glockengießerunternehmen in der mittlerweile 12. Generation, das übrigens auch Kooperationspartner der aktuellen Sonderausstellung zum Glockenhandwerk  in Dortmund bei der DASA Arbeitswelt Ausstellung ist. Mehr dazu siehe am Ende dieses Artikels.

Wer war diese „Glaubenszeugin unserer Zeit“, Maria Droste zu Vischering?

Die Selige Maria Droste zu Vischering wurde 1863 im Erbdrostenhof in der Salzstraße zu Münster geboren. 25jährig trat sie als „Schwester Maria vom Göttlichen Herzen“ der Gemeinschaft der Schwestern vom guten Hirten bei. In deren Auftrag ging sie 1894 nach Porto (Portugal) und wirkte als Oberin eines Klosters. Sie kümmerte sich dort aufopferungsvoll um die etwa 100 jungen Mädchen aus ärmsten Verhältnissen, die oft eine kriminelle Vergangenheit hatten oder sich prostituierten und schließlich in die Obhut des Ordens kamen, verschaffte ihnen Lehrstellen, hörte ihren Leidensgeschichten zu und machte ihnen Mut, ihr Leben zu meistern.
Dabei schonte sie sich nicht, obwohl sie selbst an einer schlimmen Rückenmarkserkrankung litt und an Krücken ging. Im Alter von nur 35 Jahren starb sie und wurde 1975 durch Papst Paul VI. seliggesprochen.

Eine bemerkenswerte Frau, die ein gutes Vorbild im Sinne der christlichen Nächstenliebe darstellt, der diese große neue Glocke gewidmet ist.

Die Glocke der Maria Droste zu Vischering wird als Angelusglocke eingesetzt (eine Suchmaschine Ihrer Wahl wird den Nicht-Katholiken zum Thema sicher weiterhelfen, Stichwort Engel des Herrn 🙂 )

Aus der Kategorie „Kurioses“: Eigentlich sollten die vier neuen Glocken bereits Weihnachten 2008 erklingen – sie erklangen aber erst zu Ostern 2009. Weil diese hier vorgestellte Glocke (Nummer 4 und damit Klangkörper-Lücken-Schließung des alten Bestandes) etwas zu tief in der Stimmung aus dem Guss kam und zunächst noch einmal zurück zu den Glockenmeistern nach Gescher musste!

Und hier der oben erwähnte kurze Hinweis im Zusammenhang mit der aktuellen Sonderausstellung zum Glockenhandwerk in Dortmund:

Am 26.2.2015 („Denker-Donnerstag“) wird die Türmerin von Münster einen Gast-Vortrag bei dieser Ausstellung, genannt „Heavy Metal“, halten. Bitte hier klicken um mehr zu erfahren.