Das erste seiner Art stammt aus wilhelminischer Zeit: Kaiser Wilhelm II. (Amtszeit: 1888-1918) besuchte am 29. August 1907 die Stadt Münster. Er reiste mit dem Zug an und trug sich in den legendären Band 1 ein:

Ins erste Goldene Buch, besetzt mit Juwelen, das extra für den Kaiser im Friedenssaal von Münster bereit lag. Im Jahr 2020 wird nun Band 8 dieser schönen Tradition aufgeschlagen…

Jedes Goldene Buch trägt die Unterschriften von zahlreichen Diplomat:innen, Staatsoberhäuptern, Unternehmer:innen und Preisträger:innen. Oft wird die feierliche Zeremonie im Friedenssaal zu Münster auch begleitet von einem Schluck aus dem Goldenen Hahn, einem echten Münsteraner Wahrzeichen. (Siehe auch: MünsterWiki, Klick!)

Bundeskanzlerin Dr. Angela Merkel
hat sich am 25. Mai 2013 eingetragen:

Empfang im Friedenssaal – Eintrag ins Goldene Buch: Bundeskanzlerin Angela Merkel, OB Markus Lewe Foto: Presseamt Münster/Münsterview/Tronquet

Wie sieht ein Goldenes Buch der Stadt Münster aus?

Die besondere Tradition der besonderen Gästebücher für besondere Gäste besagt, dass der Oberbürgermeister von Münster Vorschläge für das Motiv des festen Umschlages des Einbandes macht. Jedes Goldene Buch sieht also anders aus.

Den aktuellen achten Band ziert ein flacher Wasserbehälter mit der Kontur des Aasees, blau eingefärbt. Darum befindet sich das Wappen der Stadt Münster, symbolisiert durch ein gelbes und ein rotes Quadrat auf weißem Grund. Eine Einlassung aus Bambus steht für die Herstellung von Büchern aus verschiedenen Materialien. Das chinesische Schriftzeichen für „Wachstum“ und der oben genannte Goldene Hahn sind ebenfalls zu sehen. Entworfen hat diese experimentelle Darstellung der Künstler Qiwei Zhang (Klick!), welcher 2017 für ein Promotionsstudium an die Kunstakademie Münster kam und sehr bemerkenswerte Kunstprojekte initiiert hat, z.B. mit dem Titel „Ducksoup“ (2019 @ Kunstverein Recklinghausen), welcher die Synästhesie quasi visuell-gustativ meint (platt gesagt: Augenschmaus, also schauen und schmecken als Sinnesvereinigung)…

Tradition: Die Beteiligten

An der Entstehung eines Goldenen Buches sind außer dem Künstler und dem Oberbürgermeister außerdem die Druckerei Burlage (stiftet das feine Papier), Buchbindermeister Ansgar Burlage (stellt Buch, Einband und Schutzkassette her), das Juwelierhaus J. C. Osthues (schmückt den Einband).

Im Jahr 1998 hat die Buchbinderei Dürselen (Münster) ein schönes Exemplar mit Metallschnallen und dem Stadtwappen Münsters hergestellt:

Foto: Presseamt Münster

Wie funktioniert das Eintragen in das Goldene Buch?

Vor jedem geplanten Eintrag eines prominenten Gastes schreibt der Kalligraph Christoph Geitel (Stadtplanungsamt Münster) den Namen und das Empfangsdatum mit schwarzer Tusche auf die jeweilige Seite des Goldenen Buches. Dafür wird das Buch aus dem Safe im Stadtweinhaus und aus der schützenden Kassette geholt. Für den Empfang wird es dann auf eine Samtdecke gelegt und der vorgesehene Federhalter mit frischer Tinte befüllt und probehalber eingeschrieben. Das Veranstaltungsteam achtet auf absolute Akkuratesse, platziert auch das traditionelle Trinkgefäß, den genannten Goldenen Hahn, mitsamt Wein- oder Wasserinhalt in Reichweite, kümmert sich um feierliche Kerzen, und sorgt allgemein für einen reibungslosen Ablauf.

Tipp: Einmalige Einblicke

Vom 26. Oktober bis 21. November 2020 werden die bisherigen legendären 7 Exemplare des Goldenen Buches der Stadt Münster öffentlich zu sehen sein:

Im Fenster des Juwelierhauses J. C. Osthues am Prinzipalmarkt (Klick!) liegen die Prachtstücke als einmalige Einblicke aus – bevor sie dann wieder wohlbehütet in die heiligen Hallen des Stadtarchivs zurückgebracht werden!

Historisches Foto

Am 8. Mai 1985 trugen sich Vertreter der Partnerstädte Münsters anlässlich der Gedenkveranstaltung zum 40. Jahrestag des Kriegsendes ein – Kristiansand, Monastir, Orléans und Rishon-le-Zion! Oberbürgermeister von Münster war damals Jörg Twenhöven, CDU (im Bild ganz rechts stehend).

Foto: Presseamt Münster

Pressemitteilung von Mittwoch, 23. Dezember 2020
Stadt Münster: Stöbern in sieben Goldenen Büchern
Neue Reihe: Stadtarchiv stellt Archivalien digital bereit / Liste der prominenten Einträge beginnt 1907 / Ein Stück Zeitgeschichte

Zuletzt wurde das Goldene Buch zum Friedensjubiläum 1998 ausgestellt – die kostbare Tradition hinter schützendem Panzerglas. Überhaupt haben nur die wenigsten Gelegenheit, den besonderen Band aus der Nähe zu betrachten oder sich gar durch die Seiten aus schwerem Büttenpapier zu blättern. Das jedoch ist ab sofort möglich, wenn auch in virtueller Form: Das Stadtarchiv hat alle sieben Goldenen Bücher von der ersten bis letzten Seite digitalisiert und online gestellt. „Von 1907 bis September 2020 führen wir durch die illustre Schar der Staatsoberhäupter und anderer prominenter Gäste, die sich bei Friedenssaal-Empfängen in dem Band eintragen durften“, stellt Anja Gussek den neuen Online-Service des Stadtarchivs vor.
Die Liste der prominenten Einträge ist lang und wer eines der Bücher aufschlägt, durchwandert ein Stück Zeitgeschichte. Willy Brandt, Helmut Schmidt und Angela Merkel hinterließen ihre Grüße. Die unverwüstliche Queen „Mum“ trug sich ein, Literaturnobelpreisträger T.S. Eliot, der Dalai Lama oder auch Theodor Heuss, der erste Bundespräsident der Bundesrepublik. Prominente Namenszeichen auch von Größen aus Sport und Show: Fußballweltmeister Paul Breitner, Boxchampion Vitali Klitschko, Thomas Gottschalk nahmen die Feder im Friedenssaal in die Hand.        
Nahezu komplett hat das Stadtarchiv zu jedem Goldenen Buch die Einträge erfasst. Der direkte Zugang zu den Büchern, zu Informationen und ausgewählten Fotos führt über die Homepage des Stadtarchivs (www.stadt-muenster.de/archiv). Eine kleine digitale Ausstellung erzählt dazu die  Geschichte des Goldenen Buches, das auf den Besuch des letzten deutschen Kaisers zurückgeht. Am 29. August 1907 säumten jubelnde Menschen den Weg des Monarchen durch die festlich geschmückte Stadt. Im Friedenssaal lag das opulente Unikat bereit –  es war die Stiftungsidee eines wohlhabenden Münsteraners. Der Kaiser zeichnete schlicht mit „Wilhelm I. R.“ auf einem ansonsten leeren Blatt. Seit Beginn dieser Tradition gestalten die Werkstätten des Juwelierhauses J.C. Osthues die kunstvollen Einbände. 
Helle und dunkle Kapitel                                                              
Die letzte Seite des Premierenbandes wird 1959 aufgeschlagen. Fünf Dekaden also versammelt dieses eine Buch und führt vom Kaiserreich über das Hitler-Regime bis in die Anfänge der jungen Bundesrepublik. Zwischen 1933 und 1943 – dem letzten Eintrag in der NS-Zeit – besuchten hochrangige Politgrößen wie weniger bekannte Funktionäre der NSDAP die Stadt. Auch ihre heute vielleicht eher als unliebsam empfundenen Unterschriften dokumentieren die Geschichte der Stadt mit dunklen und hellen Kapiteln.
In der Folgezeit spiegeln sich Höhepunkte der Stadtgeschichte, das 1200-jährige Stadtjubiläum 1993 etwa oder – fünf Jahre später – der 350. Jahrestag des Westfälischen Friedens, als 20 europäischen Majestäten und Staatspräsidenten der Einladung nach Münster folgten. „`Archivalien digital` heißt unsere neue Reihe, mit der wir spannende und häufig nachgefragte Quellen zur Stadtgeschichte im Internet präsentieren werden“, erläutert Stadtarchivleiter Dr. Peter Worm. „Die Goldenen Bücher sind der erste Schritt.“ Auch während des Corona-Lockdowns können so an Münsters Geschichte Interessierte originales Archivgut vom PC zuhause ansehen und benutzen. Peter Worm: „Dieser Service erlaubt es, die Nase in die Originale zu stecken, Archivluft zu schnuppern und einfach mal ungestört zu blättern.“ Vorerst bis zum 10. Januar 2021 ist aufgrund der Pandemie der Lesesaal geschlossen.