direkt vom turm gebloggt

Vierter Advent: Janbernd’s Vision…

Das vierte Lichtlein brennt…

und heute gibt es eine gar gruselige Geschichte, die perfekt in diese neblige Zeit passt:

Breilmann: Spökenkieker Skulptur auf dem Mühlenhof Münster
Freilichtmuseum Mühlenhof: Spökenkieker (Menschen mit dem „zweiten Gesicht“), Bronzeplastik von Rudolf Breilmann, 1970

Diese Weihnachts-Grusel-Geschichte haben wir Josef Winckler (1881-1966) zu verdanken, einer sehr interessanten westfälischen Persönlichkeit – approbierter Zahnarzt (!), der sich entschied, Schriftsteller zu sein, seine Familie besaß das alte Töddenhaus, Haus Nieland, in Hopsten, er war verheiratet mit der Jüdin Adele, die während der Nazizeit in die Schweiz ausreisen konnte, und sein größtes Werk ist vielleicht „Der tolle Bomberg“, auf Grundlage großer Recherchen über die historische Gestalt des Gisbert von Romberg zu Buldern… verfilmt u.a. mit Hans Albers in der Hauptrolle …


Was hatte es jetzt aber mit des Schäfers Janbernds Prophezeiung auf sich? Was hat er wirklich vorausgesehen in des Rentmeisters guter Stube am Weihnachtsabend?


Er wird es dem Rentmeister schließlich noch erzählen, wie sie so in der Scheune zusammensaßen: Janbernds Vision beinhaltete eine Figur mit  Zylinder, rotem Halstuch und dem Mantel des Rentmeisters, und zwar am Boden liegend, unbeweglich, wie tot…!

Sie beratschlagten, dem Schicksal zuvorzukommen, der Schäfer sollte den Weihnachtsbaum in einen entlegenen Raum umstellen, die Fenster alle schließen, dann wollte der Rentmeister sich wieder nach Hause trauen, denn nun sah es ja nicht mehr so aus wie in der düsteren Vision des Schäfers! 

Als Janbernd aber auf das Haus zuging, sah er, wie die Kinder des Rentmeisters einen großen Schneemann gebaut und diesen mit dem Zylinder, dem roten Halstuch und dem Mantel ihres Vaters geschmückt hatten – und der Schneemann war just umgekippt und lag nun da, reglos, wie tot…!

Welch Erleichterung muss der Schäfer Janbernd da gespürt haben! Seine Spökenkiekerei war ja richtig gewesen – aber eben ohne den Tod des Rentmeisters! Als dieser davon erfuhr, wurde noch ein sehr schönes Weihnachtsfest gefeiert, mit Janbernd im großen Ohrensessel sitzend, dem Ehrenplatz. 


Und damit wünsche ich euch auch
einen schönen Vierten Advent,
möglichst ohne beunruhigende Spökenkiekerei!

Eure Türmerin von Münster.


Passende Lese-Tipps:

Katja Angenent, Von Geistern, Gespenster und Gruselgestalten. Düstere Sagen und Legenden aus dem Münsterland. agenda Verlag, Münster 2022

Peter Wittkampf, Spökenkieker. Das Zweite Gesicht in Westfalen. Elsinor Verlag (Longinus), Coesfeld 2019

3 Kommentare

  1. Uli Wendholt

    Ich wünsche der Türmerin ebenfalls ein gesegnetes Weihnachtsfest und ein glückliches neues Jahr 2024!

  2. Frank Biermann

    Ja, eine wirklich schöne Spökenkieker-Geschichte zum Jahresende! Vielen Dank dafür und all die anderen Beiträge. Schöne Restfeiertage und einen guten Rutsch in neue Jahr, aber bitte nicht die Treppenstufen vom Turm der Lambertikirche hinunter :-))

    • Türmerin

      Ich liebe diese Spökenkieker-Stories sehr! Dir und allen Leser:innen auch schöne friedliche Tage „zwischen den Jahren“ und einen gelungenen Rutsch ins Jahr 2024 – ich tute das Neue Jahr wieder traditionell an!

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.