Niemals? Nicht ganz: Dienstags ist traditionell der freie Tag für die Städtischen Türmer von St. Lamberti, und dass deshalb dienstags keine Feuer ausbrechen und keine Feinde heranrücken, versteht sich von selbst.

Sogar als die „Wieder-„Täufer in der Stadt ihre Endzeit-Visionen eskalieren ließen (1534-1535), gab es Türmer auf St. Lamberti. Und während des 30jährigen Krieges erfolgte die Dienstanweisung für die Türmer, bei Sichtung verdächtigen Volkes einen Trommelwirbel zu schlagen. Aber es gab ein paar verzeichnete Vakanzen:

In den Jahren 1922-1924 hatte die Stadt so wenig Geld, dass leider kein Türmer beschäftigt werden konnte (wogegen freilich seitens der Bürger*innen eifrig protestiert worden ist, wissen die Quellen). Auch in den letzten Kriegsjahren 1942-1945 und in den Wirren der Nachkriegszeit bis 1950 war der Turm nicht besetzt.

Quelle: Bestände der ehrenamtlichen Präsenzstelle St. Lamberti

Quelle: Bestände der ehrenamtlichen Präsenzstelle St. Lamberti

Vor hundert und mehr Jahren waren meist mehrere Städtische Türmer auf St. Lamberti eingesetzt – weil es eine Tag- und Nachtwache war, weil die Rats- und Brandglocke bei Feuer und Gefahr nur zu zweit geschlagen werden konnte, und falls einmal einer krank war, schaute halt der andere nach dem Rechten.

Und heute?

In der Gegenwartsgeschichte sind es immer einzelne Haupttürmer, die in den Unterlagen zu finden sind. Wenn einer ernsthaft krank wurde, gab es in den 1970er und 1980er Jahren das Arrangement der (zumeist) studentischen Aushilfstürmer.

Türmer Roland Mehring (im Dienst 1960-1994) kam bereits in den Genuss des Urlaubsanspruchs. Noch heute erzählt man sich in Münster von seinen Reisen nach Asien, wo er mit dem Fahrrad die Gegend erkundet hat. Während er also fern des Turmes weilte, war die Türmerstube durch engagierte, pflichtbewusste junge Leute besetzt, die sich auf diese Weise etwas Geld dazuverdienen konnten; vorher bekamen sie selbstverständlich eine genaue Einweisung in die Geheimnisse der Wacht und des Tutens.

Vortrag Türmerin - BILDER 2_dasa.005

Auch Wolfram Schulze, der 1994 das Türmeramt übernahm, hatte da bereits eine kleine „Karriere“ als Aushilfstürmer hinter sich. So wusste er praktischerweise schon, was ihn auf dem Turm erwartete. Sein langjähriger Vertreter wiederum ist bis heute im Amt des Vertretungstürmers, und zwar des einzigen Vertreters in Fällen von Erholungsurlaub, ernsthafter vorübergehender Arbeitsunfähigkeit und ggf. Dienstreisen der jetzigen Türmerin.

Türmer Wolfram Schulze (im Dienst 1994-2014) Foto: Presseamt Münster

Türmer Wolfram Schulze (im Dienst 1994-2014)                Foto: Presseamt Münster

Die Türmerin ist naturgemäß tiefenentspannt und seltenst krank – und wenn es doch einmal passiert, ist es einer der großen Vorteile des Öffentlichen Dienstes, dass die Stadt Münster niemals unbewacht bleibt.

Denn eines bleibt sicher und beständig in dieser unsicheren Welt: Das halbstündliche Tuten vom St. Lambertiturm zu Münster!