O-Woche von oben
Ein wesentliches Merkmal meiner Wahlheimat Münster ist der frische Wind, der in gewisser Regelmäßigkeit durch die Stadt weht. Hier oben auf der St. Lambertikirche spüren ihn die Türmer, spüre auch ich ihn; und ich sehe auch, was er mit sich bringt:
Leezen, Leezen, wohin das Auge blicket!
Masematte
Leeze ist eines der ersten Wörter, das Neubürgerinnen und Neubürger von Münster lernen. Die Stadt, die sich als Fahrradstadt identifiziert, ist auch die Stadt der „Geheimsprache“ Masematte. Es ist gut, dass dieser besondere Regiolekt mit den neuen Studierenden immer wieder neue Multiplikatoren findet und so hoffentlich niemals ganz vergessen werden wird, jovel (=super)!
Wenn eine neue Generation von Universitäts- und Hochschulmenschen nach Münster kommt, beginnt auch immer in gewisser Regelmäßigkeit die berühmte O-Woche.
O-Woche, das ist kein Wort aus der Masematte, sondern es bedeutet: Orientierungswoche.
Orientierungswoche
Eine O-Woche ist sehr viel mehr als nur etwas für „Feierbiester“. In dieser Zeit werden erste Kontakte geknüpft, die Hochschulorte, die Lehrpläne, die Stadt erkundet, es werden Aktivitäten organisiert, die idealerweise für eine erste Identifikationsmöglichkeit mit der neuen Umgebung sorgen, und wenn alles so sympathisch verläuft, wie ich es mir für alle von Herzen wünsche, wird Münster auch für euch zur Heimat.
Es gibt so viel zu entdecken in meiner Wahlheimat, eine einzige O-Woche reicht natürlich nicht aus – aber sie ist der wichtige erste Mosaikstein einer Zeit, die ihr hier verbringen werdet.
Meine eigene O-Woche habe ich in Oldenburg verbracht; Oldenburg ist kleiner als Münster, und die Carl-von-Ossietzky-Universität ist eine Campus-Uni, anders als hier reichte es mir dort aus, den Standort für Geisteswissenschaften und denjenigen für Mathematik zu kennen. Natürlich waren die weiteren Punkte sicherlich ganz ähnlich:
Was ist relevant an Fachschaften und Beratungsinstitutionen? Wo fährt der Bus? Wann ist der Wochenmarkt? Welche Kneipe hat wann Happy Hour? Welche Vereine gibt es? Welche Events sind interessant? Wie kann mensch sich selbst einbringen? Wie um alles in der Welt finde ich eine bezahlbare Wohnung?
Allen Einheimischen, Paohlbürgern, Anwohnenden möchte ich während der Einfindungsphase der neuen Studierenden etwas Nachsicht wünschen, wenn es ein bisschen lauter als üblich werden sollte – es geht vorbei, und es gibt ja bereits viele Maßnahmen, auch z.B. dem Aufkommen von Müll durch Aufstellen weiterer Tonnen entgegenzuwirken. Kneipenspiele und sonstiges dienen letztendlich doch einer guten Sache: Dem Teambuilding von Anfang an in dieser spannenden neuen Lebensphase. Münster ist alt und jung gleichzeitig, und wir alle tragen etwas dazu bei, dass sich alle Neuangekommenen bei uns wohl fühlen können.
Tipps
Die ULB (Universitäts- und Landesbibliothek, klick!) lernt ihr sicherlich auch sehr schnell kennen – ein Quell interessanter Werke und Impulse; dort (genauer: im Handschriftenlesesaal!) fand ich übrigens auch schon mal etwas Turm/Türmer-Relevantes heraus, hier ist der Artikel, klick!
Eine Perle der Musik ist in Münster der Madrigalchor, bei dem auch nicht-studentische Gesangsinteressierte mitwirken können. Das Repertoire reicht von Barock bis Moderne. Gegründet 1947 von Prof. Herma Kramm, internationale Tourneen, sehr berührende Auftritte, hier ist der Webauftritt, klick!
Das Nachtleben hat für jeden Geschmack etwas zu bieten, Infos dazu bekommt ihr u.a. bei Nachtbürgermeisterin Lisa Marie Tubies und Nachtbürgermeister Manuel Rojano Marin, auf Instagram als @nachtmuenster.
Historisches über Münsters Studentinnen und Studenten gibt es bergeweise, letztes Jahr ist zum Beispiel ein reichhaltiges Buch über das Haus Nr. 24 in der Frauenstraße erschienen, dessen Besetzung maßgeblich mit dem AStA (Allgemeinen Studierendenausschuss) zusammenhing: „Frauenstraße 24. Geschichte einer erfolgreichen Besetzung“, Rita Weißenberg, Bernd Uppena, Joachim Hetscher (Hrsg.), Unrast Verlag 2023. Weiteres erfahrt ihr höchstwahrscheinlich bei Stadtführungen und Kneipenquiz… einige Stichworte: Münsteraner Bierkrieg, Der ewige Student, Fürstenberg, Wilhelm II., Observantenkirche…
Türmer/Türmerin in der O-Woche und darüberhinaus
Türmer müssen in Münster nicht studiert haben, höchstens das Leben, wie man so schön sagt. In meinem Fall war das Musik- und Geschichtsstudium aber die beste Vorbereitung: Eine Glocke (die Ratsglocke) und ein Horn (das Türmerhorn) sind die wichtigsten Instrumente in diesem Beruf, und dieser ist sehr geschichtsträchtig – die erste Erwähnung eines Türmers auf St. Lamberti findet sich 1383!
Hier oben studieren wir den Himmel (droht Gewitter?), die Landschaft (nahen Feinde?) und die Dächer der Stadt (brennt es?). Und als Türmerin freue ich mich über die vielen Neugierigen, die als Zugezogene (ob zum Studieren oder nicht) dort unten stehen und fragend gen Turm hochschauen. Ich winke nach dem Friedenssignal mit der Laterne, sehe euch beim Cornern zu und beantworte auch gerne all eure Fragen, bitte schreibt mir! Oldschool Post einfach an der Münster Information abgeben, E-Mails an thalmann@stadt-muenster.de, diese Seite hat auch ein Kontaktformular, von Brieftauben bitte ich aus tierschutzrechtlichen Gründen abzusehen, und Rauchzeichen führen nur zum Alarmsignal mit dem Türmerhorn 😉
Pro-Tipp von oben: Glasflaschen besser nicht mit auf die Straße nehmen, remember:
Mit der Flasch‘ aus Glas
Geh nicht auf die Straß‘!
Münster nennt sich Fahrradstadt!
Ganz schnell ist der Reifen platt!
Meine wichtigste Bitte: Lasst die Tür zum Turme frei, parkt eure Leezen bitte in einigem Abstand – die Türe geht nach außen auf, und spätestens jetzt wisst ihr ja, da drinnen arbeitet nach alter Tradition eine Türmerin im Auftrage der Stadt, das Brauchtum lebendig zu erhalten; jedoch war und ist dies eine Arbeitsstätte, keine Wohnung, und die Türmerin schlüpft nach Mitternacht durch ebenjene Türe und verschmilzt mit dem Münsteraner Nachtleben…
Herzlich willkommen in Münster, liebe Studierende, lieber frischer Wind! Eine erkenntnisreiche O-Woche wünscht euch
Eure Türmerin von Münster.
P.S.: Ein Nachtrag mit den Ergebnissen des Gasballon-Wettbewerbs (siehe mein vorheriger Beitrag, klick!):
Mit 2.111,17 Kilometern Distanz hat das österreichische Team aus Christian Wagner und Stefanie Liller den diesjährigen Gordon-Bennett-Cup gewonnen! Das übernächste Gasballonrennen findet also in Österreich statt.
Auf Platz 2 landete das Team Kurt Frieden und Pascal Witpraechtiger aus der Schweiz mit 2.109,75 Kilometern. Das ist knapp!
Und noch knapper ist von dieser Distanz aus der dritte Platz: Das deutsche Team Andreas Zumrode und Axel Hunnekuhl schafften 2.108,47 Kilometer.
Glückwünsche an alle! (Link zur Legends&History-Seite: Klick!)
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