Ein typischer Sonntag auf dem St. Lamberti-Turm in Münster ist ein ruhiger, genauer gesagt, ein sehr ruhiger, oder noch genauer, ein äußerst ruhiger Tag.
Am Abend zuvor – Samstag, auch bekannt als Sonnabend – herrscht noch großes Hallo und Trara und Bohei auf den kreuzenden ehemaligen Handelswegen der Stadt Münster. Die jungen und die nicht mehr ganz so jungen Menschen flanieren über den Prinzipalmarkt, auch vom Kiepenkerlviertel kommend streben sie den Partylocations zu.
Vom Turme aus höre und erspähe ich allerlei buntes Treiben und so manchen Blaulichteinsatz mit dem Tatü und dem Tata, in das das Türmerhorn jedes Mal so gerne mit einem lauten Tatuuuuuut einstimmen würde.
Noch bevor es richtig ausgelassen zur Sache geht, endet die Turm-Schicht, das Horn ruht an seinem Platze, die Kerzen wegen gelöscht und die Türmerin tritt den Rückweg über 300 Stufen an. Unten angekommen meldet sie ihre gesunde und muntere Ankunft auf dem Boden der Tatsachen telefonisch den Kollegen der Feuerwehreinsatzleitung – und dann geht es dem Feierabend entgegen, mitten durch die bunte Schar.
Am darauffolgenden Sonntagabend dann ein Turm-Blick wie auf eine völlig andere Stadt; ausgestorbene Gassen, Ruhe, ein friedliches Bild, ein Idyll geradezu.
Wo sind all die Menschen? Meine Vermutung: sie sitzen vor dem Fernseher und schauen Tatort. Und weil es so gemütlich ist, bleiben sie gleich sitzen. Die Studierenden machen sich sicherlich vorbildlich früh an den Matratzenhorchdienst, weil Montag früh die Vorlesungen beginnen.
Ein Sonntag auf dem Turm ist ein schönes Gefühl wie in einer Zwischenwelt, etwas unwirklich noch mit den Eindrücken des vergangenen Tages, die Ruhe auf dem Turme lädt ein zum Sinnieren über die Vorgänger meines Amtes.
Wie nahmen sie die Wochenenden wahr? Wem oder wes galt ihr Turm-Blick? Das Türmer-Wochenende ist jedoch an einem Sonntag noch zwei Tage entfernt:
Am Dienstag wird nicht getutet, keine Wacht gehalten, denn seit 1383 ist statistisch erwiesen: dienstags brechen keine Brände aus, und Feinde kommen auch nicht herangeritten…
hallo Türmerin, Deine Kernsätze münsterschen Geistes sind gut, nein sind unerreicht, nein sind einmalig, nein müssen so gleiben
…und hahst Du, Türmerin, lange drehen müssen heute ganz früh zwischen 2 und drei, und breche den Zeiger bitte nicht ab…
Die Uhr stellen die Geister von Lamberti um, das macht nicht die Türmerin 😉