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Steinerne Menschen

In und an christlichen Kirchen gibt es stets allerlei steinerne Figuren, Heilige zumeist, Christus-Skulpturen, Ars Sacra – Heilige Kunst. So auch in St. Lamberti, der Stadt- und Marktkirche Münsters. Aber auch anderswo im Stadtbild finden sich Steinerne Menschen – ein paar meiner persönlichen „Darlings“ stelle ich euch hier vor. Vielleicht habt ihr Lust, mir eure eigenen persönlichen Favoriten zu verraten und wo ich sie finden kann? Dann kommentiert gerne diesen Beitrag oder schreibt mir eine Nachricht!

Rund um die Kirche versammeln sich lauter steinerne menschliche Abbildungen. Anhand der Attribute und Darstellungen können Eingeweihte auf die Identität der jeweiligen Skulptur schließen – am Westportal zum Beispiel sehen wir den Evangelisten Lukas, erkennbar am Stier zu seinen Füßen, denn Lukas wird zumeist mit einem (geflügelten) Stier und/ oder mit einer Schriftrolle (dem Evangelium) dargestellt. Aber hier in Münster hat der Bildhauer Anton Rüller (von ihm stammt auch die schöne marmorne Annette-von-Droste-Hülshoff-Büste an der Kreuzschanze!) seine Lukasfigur noch zusätzlich mit einem wohlbekannten Antlitz ausgestattet: Mit nachdenklicher Dichterpose blickt uns Johann Wolfgang von Goethe an!

Und weil es zu Bildhauer Rüllers Zeiten (Ende des 19. Jahrhunderts) eben schick war, bekannte Antlitze zu verwenden, hat er dem Dichterfürst himself auch noch den anderen Weimarer Klassiker gegenübergestellt: Friedrich von Schillers junges Gesicht ist auch am Westportal von St. Lamberti zu finden – als Evangelist Johannes. Sein Attribut: der Adler zu seinen Füßen.

Die Figuren der gesamten Personenreihe am Lamberti-Westportal sind die folgenden (beim Klick auf die Namen werdet ihr auf externe Seiten mit weiteren Infos geführt, meine bevorzugte Quelle hierbei ist das Ökumenische Heiligenlexikon von Joachim Schäfer):

Alfons von Liguori, Volksseelsorger,
Thomas von Aquin, Kirchenvater,
Augustinus, Kirchenvater,
Markus, Evangelist,
Matthäus, Evangelist,
der lehrende Christus,
Johannes (Schiller), Evangelist,
Lukas (Goethe), Evangelist,
Hieronymus, Kirchenvater,
Gregor, Kirchenvater,
Karl Borromäus, Volksseelsorger.

Figuren am Westportal von Lamberti
Abbildung der Baldachinstatuen am Westportal von St. Lamberti, Quelle: Stadt- und Marktkirche St. Lamberti Münster (Westf.) 1090-1960, Festschrift zur Wiedererrichtung am 31. Januar 1960

Ein weiterer sehr ästhetisch gelungener Steinerner Mensch steht an der Pferdegasse vis à vis des LWL-Museums für Kunst und Kultur: Franz von Fürstenberg!

Statue Franz von Fürstenberg
Statue des Staatsministers und Universitätsgründers Franz von Fürstenberg, geschaffen von Heinrich Fleige (1875), Quelle: Geschichte der Stadt Münster, herausgegeben von Franz-Josef Jakobi, Aschendorff Verlag, Münster 1993 (Band 3)

Diese Statue des großen Universitätsgründers hat der Bildhauer Heinrich Fleige geschaffen. Es ist „das erste Standbild einer namentlich bekannten Persönlichkeit auf öffentlichem Platz in Münster“ (Geschichte der Stadt Münster, Band 3). Es stand ursprünglich sogar auf dem Domplatz. Was dann geschah, darüber habe ich unterschiedliche Versionen gelesen und gehört: Es soll nach dem 2. Weltkrieg irgendwo auf einem Bauhof in Roxel verstaubt wiedergefunden worden sein (gehört auf einer Stadtführung). Oder: „Gegen Ende der fünfziger Jahre (…) an der Ecke der Jesuitenstiege etwas ‚abgestellt‘, später [1980] in die Mitte der kleinen Grünanlage an den Anfang der Pferdegasse gerückt, um der Skulptur mehr Raum zu geben“ (gelesen im besagten Band 3 der Geschichte der Stadt Münster, S. 395).

Interessant ist auch, dass es stadtgesellschaftlich mehrheitlich toleriert wird, dass ab und an Studentenverbindungen ihre Farben daraufpinseln bzw. Bänder anhängen. Heute entdeckte ich um den Hals gar ein Fahrradschloss – aber das scheint dann doch ein Schabernack anderer Art zu sein… Leider war kein Fotoknipsgerät zur Hand!

Ein anderer denkwürdiger Aspekt, auf den mich dieses Denkmal gebracht hat: Bildhauer Heinrich Fleige ist am Tage seines 50. Geburtstages an einer Lungenlähmung verstorben! Sein Grabmal auf dem Zentralfriedhof mit dem Bildnis des Josephs-Todes hatte er noch selbst gestaltet… aber das ist eine andere Geschichte.

Das Kiepenkerldenkmal (Original 1896 von August Schmiemann, nach der Zerstörung Neu-Erschaffung 1953 durch Albert Mazzotti Junior und Heinrich Ostlinning) ist ein weiterer Steinerner Mensch, der an die Tradition des bäuerlich-ländlichen Wanderhändlers des Münsterlandes erinnert – eine Symbolfigur!

Feierliche Wiederaufstellung des neuen Kiepenkerldenkmals im Beisein des Bundespräsidenten Theodor Heuss 1953, Quelle: Das Münsterbuch. Der Stadtführer von Christa Farwick und Adam Riese, Daedalus Verlag

Witzig finde ich die Statue des Zoogründers und Münsteraner Originals Prof. Landois, die man heute im Allwetterzoo findet.
Der Zylinder dient als Vogelbad mit seiner Vertiefung – und hinten befindet sich gar ein Einflugloch – ein super Nistkasten! Man bedenke: Hermann Landois hat diese lebensgroße Statue von sich selbst in Auftrag gegeben, das haben seine Weggefährten bestätigt – sie wurde 1900 zu seinen Lebzeiten an seiner damaligen Villa Tuckesburg enthüllt, aus Anlass des 25jährigen Bestehens des Zoologischen Gartens.

Pressemitteilung Stadt Münster vom 07.12.2004
Denk mal an Landois!
Jahrestag für das Standbild des bekannten Münsteraners
Noch heute trifft man in Münster auf Professor Landois – allerdings in Form eines Denkmals. Außerdem ist noch bis zum 27. Februar alles über den Mann im schwarzen Rock, der stets mit Zylinder und Pfeife auftrat, in der Ausstellung „Professor Landois – Mit Witz und Wissenschaft“ im Stadtmuseum Münster zu erfahren.Das Landois-Denkmal wurde schon zu Lebzeiten des Originals am 8. Dezember 1900 enthüllt; aus Anlass des 25-jährigen Bestehens des Zoologischen Gartens, eines der Steckenpferde Landois‘. Eine weitere Besonderheit: Landois hat sich das Denkmal selbst gesetzt. Dies bestätigten seine Freunde Eli Marcus, Karl Prümer und Emil Rade schon im Jahr 1907.
„Die Tatsache, dass er sich zu Lebzeiten in voller Größe auf dem Zoogelände verewigen ließ, erregte die Gemüter“, weiß Ingrid Fisch, wissenschaftliche Mitarbeiterin im Stadtmuseum. Als vermessen und arrogant empfand man dieses Vorgehen. Dennoch konnte der „alte“ Zoo an der heutigen Annette-Allee am Tag der Einweihung die Besuchermassen kaum fassen.
Der zusätzliche Nutzen des Standbildes wird bei näherer Betrachtung deutlich: Der Zylinder des Professors ist mit seiner leichten Vertiefung ein bis heute gern genutztes Vogelbad. Auf der Rückseite der Kopfbedeckung findet sich ein Einflugloch für Vögel. Noch zu Lebzeiten des Vogelfreundes Landois war der Nutzen dieses Nistkastens deutlich zu beobachten. Weitergehende Gedanken waren und sind den Betrachtern freigestellt…
Heute ist der von Bildhauer August Schmiemann – er entwarf auch das Denkmal des Kiepenkerls – geschaffene Landois im „neuen“ Allwetterzoo in Lebensgröße zu bewundern. Und wem es nicht gefällt, der kann sich an Landois‘ Worten orientieren: „Well’t von vüörn nich lieden kann, magt Achterdeel betrachten.“

Und schließen möchte ich diesen kleinen Exkurs in Sachen Steinerne Menschen mit einem liegenden General:

Ludwig Johann Karl Gregor Eusebius Roth von Schreckenstein (was für ein klangvoller Name!) kann man auf dem ehemaligen Überwasserfriedhof vor dem Neutor bei einem Spaziergang bestaunen. Das Figurengrab ist aus dem Jahr 1858 – er starb im Fürstbischöflichen Schloss am 30. Mai 1858 als amtierender „commandirender General des VII. Armeekorps“ (Quelle: Deutsche Biographie).

Foto: Roland Moers
General Roth von Schreckenstein, Foto: Roland Moers, Friedhof-Ansichten

Und was sind eure steinernen Lieblingsmenschen? Ich bin gespannt!

1 Kommentar

  1. Walter Eink

    Hallo Martje, die Lambertikirche hat etliche steinerne Menschen an ihren Außenseiten, u.a. den Lambertus selbst. Bei einigen weiß ich nicht, um wen es sich handelt, finde auch nichts dazu. Nahe bei Ihrer Tür zum Turmaufgang hält zum Beispiel ein Ritter (?) einen Totenschädel in der linken Hand. Wissen Sie etwas über diese Figur und auch eventuell über die anderen an den Außenmauern?
    Mit freundlichen und neugierigen Grüßen, Walter Eink

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