Münster und der Westfälische Friede – wenn sich eine Stadt mit Frieden schaffen auskennt, dann Münster. Und Osnabrück. In beiden Städten gibt es deshalb die historischen Friedenssäle mit dem Europäischen Kulturerbesiegel.
In diesem Jahr (2018) ist (nicht nur) die katholische Welt zu Gast in Münster; das Motto des 101. Katholikentages lautet Suche Frieden.
Einen Mann, der im 17. Jahrhundert dazu beigetragen hat, einen einzigartigen europäischen Friedensschluss auf den Weg zu bringen, möchte ich hier vorstellen.
Es geht um Fabio Chigi (ausgesprochen: Kiedschi).
Wer war Fabio Chigi
und was hat er in Münster gemacht?
Am 19. März 1644 kam er als 44jähriger Apostolischer Nuntius (=päpstlicher Botschafter) nach Münster. Er war einer von weit über 200 Gesandten des Westfälischen Friedenskongresses und unter diesen nahm er die wichtige Rolle des Mediator Pacis (=Friedensvermittlers) ein, welcher unter den katholischen Mächten vermitteln sollte. Der 30jährige Krieg sollte hiermit ein Ende finden. Toleranz durch Dialog – Frieden durch Verhandlungen und nicht durch das Schwert erzwungen.
Geboren wurde Fabio Chigi am 13. Februar 1599 in Siena – der schönen Stadt in der Toskana mit dem 102 Meter hohen Rathaus-Turm (UNESCO Welterbestätte! Besichtigungstipp! Comune die Siena-Homepage auf deutsch: Klick!).
Chigi studierte in seiner Heimatstadt Philosophie, Jura und Theologie und trat mit 29 Jahren in den Dienst des Papstes.
Schon früh begann er sein Hobby, die Poesie, auszuleben – und auch in Münster dichtete er allerlei Autobiographisches und Lokales:
Der münsterische Regen ist natürlich legendär, das war im 17. Jahrhundert auch nicht anders: In Münster regnet es oder es läuten die Glocken. Wenn beides gleichzeitig geschieht, ist Sonntag. (Oder es wird irgendwo eine Kneipe eröffnet, dichtete 1967 Ulrich Schamonis Film „Alle Jahre wieder“ diese Weisheit weiter).
Die münsterische Damenmode ist offensichtlich auch einmal äußerst bemerkenswert gewesen:
Stelle dir vor ein flaches, halbkreisförmiges Brettchen
Ringsherum ist es ganz mit schwarzer Wolle bedeckt
Vorn an der Stirn hält die Kordel es fest; der Bogen ist hinten
Von diesem Brett fällt ein Tuch fast bis zur Schulter herab
Vorn ist es zwei Fuß breit, der Bogen misst drei Fuß im Umfang
Und der Schleier daran ist eine Elle wohl lang
… so beschreibt Fabio Chigi die Felken, die Hauben der Münsteranerinnen. Im Stadtmuseum Münster könnt ihr diese spezielle Mode, die es nicht bis in die heutige Zeit geschafft hat, bewundern.
Pumpernickel, unser wunderbares schwarzes Brot, scheint dem päpstlichen Boten nicht so richtig gut gefallen zu haben, aber trotz allem war Chigi offenbar ziemlich beliebt in Münster.
Er logierte mit seinem 15köpfigen Gefolge im damaligen Minoritenkloster, heute steht davon noch die Apostelkirche.
Ganz neu auf dem Markt ist übrigens dieses wunderbare Werk zum Thema, samt gemalten Felken im Booklet:
Rainer Schepper liest: Fabio Chigi. Gedichte zu seinem Aufenthalt in Münster 1644-1649
Longinus Audio, Coesfeld 20181. Die Reise von Köln nach Münster in Westfalen im Jahre 1644
2. Die Stadt Münster, ihre Gebäude, Einwohner und Sitten
3. Der münsterische Regen
4. Die Felken
5. Die Reise von Münster in Westfalen nach Aachen im Jahre 1649Übersetzung: Dr. Hermann Bücker
Tonmeister: Armin Badde
Gestaltung: Hermann BaddeLonginus ist das regionale westfälische Imprint des Elsinor Verlags – zur Homepage mit den Neuerscheinungen geht‘s hier: Klick!
Als Fabio Chigi schließlich nach Italien zurückkehrte, stieg er auf zum päpstlichen Staatssekretär und wurde dann ins Kardinalskollegium berufen. Das Konklave wählte ihn am 7. April 1655 zum Nachfolger des Paptes Innozenz X.
Aus Fabio Chigi wurde Papst Alexander VII.
Mit 68 Jahren starb er und fand seine letzte Ruhestätte im Petersdom. Sein Grabmal schuf der große Barockarchitekt und -bildhauer Gian Lorenzo Bernini – welcher übrigens auch die Kolonnaden am römischen Petersplatz zu verantworten hatte; mit bemerkenswerter Ähnlichkeit zu Münsters Bögen am Prinzipalmarkt…
Aufmerksame Leser*innen meines Blogs wissen um meinen Spleen, spezielle Indizien zu sammeln, und die münsterischen Bogengänge in Rom, beauftragt durch den ehemaligen Friedensmittler von Münster passen haargenau dazu…
Ein weiteres Indiz, dass alles auf der Welt irgendwie mit Münster verbunden ist, um Münster kreist die Sonne, oder fühlt es sich nur für mich so an?! 😉
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