[Auszug aus dem Turmstubenbuch des Monats Juli 2018:]

Lambertiviertel – schillernd seit eh und je

Schlank aufragend steht sie da und weithin unübersehbar, in der Mitte einer Ansiedlung von Menschen, die Lambertikirche mit ihrem die Wolken kitzelnden Turm. Anders als der breite und trutzige Paulusdom, der die Hauptkirche der Diözese Münster ist, will Sankt Lamberti die Rats- und Marktkirche der Bürger sein, sozusagen in mehr oder weniger frommer Konkurrenz zum benachbarten Dom des Bischofs.

In der Salzstraße 13 […] hatte sich die Papier-, Schreibwaren- und Kunsthandlung [Schmechtelkamp] in dem Hause des Küsters Philipp Kuhlmann von der Lambertikirche eingemietet. Philipp Kuhlmann wäre in unserer schnellebigen Zeit vielleicht längst vergessen, wenn ihn nicht zwei Dinge ständig ins Gedächtnis zurückrufen würden: das von ihm gegründete und gut florierende Kerzen- und Devotionalienlädchen am Chor der Dominikanerkirche und das Denkmal aus Stein, das ihm der Baumeister Alfred Hensen an einem der Kaplaneihäuser hinter der Lambertikirche gesetzt hat.

Alfred Hensen meißelte Küster Kuhlmann in Stein

Küster Kuhlmann in Stein gemeißelt

Der steinerne Kuhlmann

Quelle: www.kuhlmann-muenster.de

Philipp Kuhlmann war mit dem steinernen Säulen-bildnis gar nicht einver-standen:

„Wenn de Professer Lannoa sick auck to sienen Liäwtiedten nen Denkmoal in‘n Zoologsken Gaoren sett hät, dann bruk ick dat nich auck te maken. Ick will nich met den Professer gliekstellt wäden.“

Er mochte den Landois nicht, denn er hatte ihm früher in der Petrikirche die Messe gedient und miterlebt, wie dieser seinen priesterlichen Verpflichtungen untreu wurde.

[Mehr zum Zoogründer Prof. Landois und seiner priesterlichen Vergangenheit beim Kollegen Henning Stoffers HIER, Klick!]

Er nahm ihm die giftige Kritik an dem 1898 vollendeten neuen Lambertikirchturm im vierten Band von „Frans Essink“ sowie die Lüge, wonach sich die echten Wiedertäuferkäfige nicht an der Lambertikirche, sondern an der Tuckesburg befänden, persönlich übel.

Daß damals bald überall der neue „lange Geselle“ nach dem Vorbild des Freiburger Münsterturmes, der „da steht und über seine Kollegen hinwegschritte, mit dem Wind auf das ganze Stadtbild und seine fromm bewahrte Eigenart pfeift und die Dummen foppt, die seine ins Blaue sich räkelnde Lattengröße anstaunen“, nicht sehr freundlich gesehen wurde, mag er nicht wahrgenommen haben.

Da gab es auch das Scherzwort von der „Bruttaate“, von der Brauttorte des Pfarrers Hermann Joseph Kappen von Lamberti aus der Zeit, als der Stein des Turmes aus dem Teutoburger Wald noch blendend weiß war und nicht wie heute schwarz verfärbt ist.

Der Küster Philipp Kuhlmann wohnte hinter seinem kleinen Lädchen in der Salzstraße. Rechts davon führte ein schmaler Gang zu seinem abseits liegenden Haus, dessen Parterre fünf Stufen hoch lag. Hier goß er seine duftenden Wachskerzen, die gelben für die Seelenmessen, und backte Hostien für die meisten Kirchen in der Diözese Münster. Er war arbeitsfroh und emsig.

Seine freie Zeit verbrachte er im „Schmandklub“. So nannten die Leute damals die Bürgergesellschaft „Eintracht“, die in einem Restaurant am Domplatz zusammenkam. Einmal wurde Philipp Kuhlmann auch Schützenkönig bei den Bülter Schützen.


Quelle: Gottfried Schäfers, So lebte sich‘s in Münster. Stadtviertel-Geschichten, Band III. Ein Buch der Münsterschen Zeitung, Gebrüder Lensing Verlagsanstalt, Münster 1992 (3. Auflage)

[andere Kapitel beschreiben auch im O-Ton von Zeitzeug*innen u.a. Uppenberg, Gremmenorf, Südviertel, Mecklenbeck, Hiltrup …]

[z.B. in der Stadtbücherei Münster ausleihbar!]


Kuhlmann ist bis heute ein fantastischer Anlaufpunkt, auch um auswärtigen Gästen ein ganz besonderes Geschäft zu zeigen, und irgendetwas Schönes findet man dort immer. Und jetzt kann ich solch einen Besuch mit meinen Gästen auch mit einer Hintergrundgeschichte unterfüttern vom steinernen Küster meiner geliebten St. Lambertikirche!

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