Beim Recherchieren interessante Funde machen – das sind die kleinen Freuden einer städtischen Türmerin zu allen Zeiten, besonders aber in diesen unplanbaren Corona-Pandemie-Zeiten. Kleine Freuden halten einen im Leben, lassen einen optimistisch bleiben, n’est-ce pas?!

Gerade durchforste und sichte ich allerlei Bücher und Dokumente in der Turmstube. Ich stoße dabei auf Artikel und Meldungen aus vergangenen Zeiten, die mir Münster noch näher bringen. Alte Zeitungsbeiträge und Bücher etc. können uns so viel erzählen, was uns auch die heutige Stadt erklärt, ganz genau wie in der alten Hiphop-Weisheit meiner Jugend:

Es wäre heut‘ nicht wie es ist,
wär‘ es damals nicht gewesen wie es war!

Aus: „Schlüsselkind“, Cora E. (1997)
Zeitungsausschnitt
Ausschnitt aus der Münsterschen Zeitung

In einem Ausschnitt der Münsterschen Zeitung (undatiert) finde ich ein Bild von Willi Hänscheid (mehr zu Willi Hänscheid auf dem Blog des Stadtmuseums, Klick!), das die Unterschrift trägt:

"Januar 1963 beschloß der Rat die Errichtung eines Neubaus für den Verkehrsverein und für das städtische Werbe- und Verkehrsamt am Berliner Platz, das nach dem Kostenanschlag 670 000 DM kosten sollte. Das Gebäude (Bild) ist inzwischen fertiggestellt und wurde um die Jahreswende 1964/65 bezogen."

Dieses „städtische Werbe- und Verkehrsamt“ ist so etwas wie das Vorgänger-Amt von Münster Marketing. Und der Berliner Platz – das ist der Platz, den man als erstes sieht, wenn man aus dem Hauptbahnhof tritt und Richtung Innenstadt geht.

Dieser Fund nun inspiriert mich zu einer weiteren Recherche zum Thema. Im Stadtarchiv findet man folgende Angaben:

„Im Juni 1928 wurde das städtische Verkehrsamt erstmals als Teil eines neuen Dezernates für Verkehrs- und Wirtschaftsfragen unter dem Dezernenten Paul Engelmeier eingerichtet.
Im Mai 1946 begannen erste Vorbereitungen zur Wiedererrichtung einer eigenen Dienststelle. Ab August 1946 existierte wieder ein Werbe- und Verkehrsamt. Ab 1. Januar 1971 erfolgte eine Neuorganisation der Werbe- und Öffentlichkeitsarbeit der Stadt. Ein Verkehrsdirektor wurde bestellt, der zum einen als Geschäftsführer des 1969 gegründeten Verkehrsvereins Münster-Münsterland e.V. und zum anderen als Hilfsdezernent des Oberstadtdirektors und Vorgesetzter des Leiters des Werbe- und Verkehrsamtes fungierte. Eine Organisationsuntersuchung des Jahres 1985 resultierte in dem Entschluß, das Verkehrsamt mit Wirkung vom 1. Januar 1987 aufzulösen und die Stadtwerbung nunmehr dem „Verkehrsverein Münster GmbH“ und die Öffentlichkeitsarbeit dem Presseamt zu übertragen. Die Stadt Münster wurde Gesellschafter des Vereins. Die Verhältnisse änderten sich erneut im Jahre 1992, als der Verkehrsverein aufgelöst und wieder ein „Amt für Stadtwerbung und Touristik“ eingerichtet wurde. Als Aufgaben des Amtes begriff man die Verkehrsförderung einschließlich Ausstellungs- und Messewesen, die Verkehrswerbung mit Betreuung von Tagungen und Kongressen, Ausschmückung der Stadt und Plakatierung, Fremdenwerbung im In- und Ausland, Annoncenwerbung und Werbung durch eigene Publikationen sowie die Zusammenarbeit mit dem Verkehrsverein.

[…]
Der größte Teil des Aktengutes kam nach der Auflösung des Werbe- und Verkehrsamtes ungeordnet in das Stadtarchiv. Das Schriftgut wurde geordnet und in einem eigenen Findbuch erschlossen.
[…]
Rathaus-Lotterie, Wiederaufbau Rathaus: Buchführung; Spenden- und Rechnungsunterlagen, Personal- und Lohnunterlagen der Losverkäufer, Protokolle des Ausschusses „Wiederaufbau Rathaus“, Presseberichte, Richtfest, Einweihung Rathaus (1948-1965) (51);
[…]
Kultur und Heimatpflege:
Kulturangelegenheiten, Kultur-Arbeitskreis, Heimatpflege, Friedenssaal, Gästebuch des Friedenssaals, Türmer, Deutscher Städtetag, Landesbauernschaft, Deutsch-Niederländische Kontakte, Wiederaufbau, Haus Rüschhaus, Erbdrostenhof, Zoo, Abendgesellschaft Zoologischer Garten, Mühlenhof, Kulturveranstaltungen, Veranstaltung „300 Jahre Westfälischer Frieden“, Goethejahr, Annette von Droste-Hülshoff, Theater-, Musik- und Kunstleben, Westfälischer Heimatbund, Heimatpflege, -tage, Denkmale, Karneval, Publikation „Das schöne Münster“, Rundfunksender Münster, Städtefilm, Wiedereinführung des Türmers von Sankt Lamberti (1921-2003) (130)

QUelle: (Stadtarchiv Münster) StdAMs, Verwaltungsarchiv ab 1945, Werbe- und Verkehrsamt

Städtische Türmer – auch damals schon
angesiedelt beim
Werbe- und Verkehrsamt Münster!

Interessant, denkt sich die Türmerin von heute. Es hätte natürlich auch eine gewisse Logik, das historische Türmeramt beim Amt 37 einzugliedern – das ist in Münster die Feuerwehr. Aus historischer Sicht klarer Fall: Türmer sind das Auge der Feuerwehr. Wenn es brennt, geben sie Alarm, und die Feuerwehr löscht. Gemeinschaftliche Rettung der Stadt.
In Krakau wird das heute auch so gehandhabt: Die Türmer auf der Marienkirche blasen ein traditionelles Trompetensignal („Hejnał Mariacki“, hier kann man’s anhören, Klick!), und sie sind Feuerwehrmänner! Ich erzähl das einfach immer gern… Genau wie folgende typische Münsterstory:

In Münster schließen sich diesbezüglich nämlich auch Kreise. Der Ur-Urenkel des Türmers Joseph Buschkötter (1878-1907 im Dienst) ist bei der Einsatzleitung der Feuerwehr und manchmal auch am Telefon, wenn sich die heutige Türmerin bereit zum Dienst meldet, jeden Abend außer dienstags…

Ich vertiefe mich jetzt wieder in die alten Papiere, auf der Suche nach Assoziations-Inspirationen und kleinen Freuden!

Weiterhin alles Gute,
Gesundheit, Sonnenschein
und lauter kleine Freuden
wünsche ich auch euch.

Eure Türmerin von Münster.