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Turmblick über Wallhecken: Vagedes!

Was sagt der immerwährende Türmerin-Kalender zum Datum 27. Januar:

In Düsseldorf stirbt 1842 mit 65 Jahren der aus Münster stammende Architekt, Stadtplaner und Dichter, Theatermensch, Musiker und Maler

Adolph Anton von Vagedes.

Der 25. Mai 1777 ist sein Geburtstag. Getauft wurde er offenbar am selben Tag in der Überwasserkirche – und seine illustren Paten waren keine geringeren als Franz von Fürstenberg (Klick!) und Comtess Maria Anna von Plettenberg-Galen (Schloss Nordkirchen, Klick!).

Vagedes war in Münster verantwortlich für die Innenarchitektur der Sonnenapotheke (ehemals im Haus Spiekerhof 23/24) – heute befindet sich in dem Haus u.a. die besondere Buchhandlung Extrabuch Bitzhenner, auch dies ein Münster-Tipp für Architektur- und Kunstliebhaber*innen!

Weitere Vagedes-Spuren in unserer Welt: der Entwurf der Löwenapotheke (bis zum Abriss 1902 am Prinzipalmarkt 16) – aber am bekanntesten ist sein Werk in Düsseldorf (z. B. Ratinger Tor, auch die Königsallee geht auf seine Idee zurück).

1815 entwarf er das Helmdach für die Turmspitze der Kirche St. Lambertus (!) in der Düsseldorfer Altstadt.Lambertuskirche Düsseldorf

Auch Krefeld hat Vagedes einiges zu verdanken; zu nennen wären z.B. die vier Wälle, die statt der Stadtmauer geplant und umgesetzt worden sind.

Sehr interessant ist sein krasses Facettenreichtum:

Vagedes schrieb nämlich auch Gedichte und komponierte Musik, so vertonte er u.a.  Goethe und „Sehnsucht“ von Schiller. Diese „Lieder für Clavier“ sind 1809 erschienen und beinhalten auch Gedichte des Apothekers Franz August Kahler – ebenjener, welcher die Innenausgestaltung der Sonnenapotheke in Auftrag gab.
Diese Notenhefte sind tolle Beispiele für die Gattung des deutschen Liedes zur Goethezeit. In der musikwissenschaftlichen Bibliothek in Münster sind die Noten einseh- aber nicht ausleihbar (Suche über disco.uni-muenster.de).

In Friedrich Raßmanns Sammlung „Mimigardia“ (Poetisches Taschenbuch) stammen viele Gedichte und Noten von Vagedes, auch die Einbände und Innen-Illustrationen aller seiner Werke hat er selbst gezeichnet:

Die Poetischen Taschenbücher aus den Jahren 1810, 1811 und 1812 sind – natürlich! – in der münsterschen ULB (Klick!) digital zum Durchklicken erfasst. Darin u.a. das kurze wie tiefsinnige Gedicht „Die Welt“ von Vagedes:

Werden und sterben, die beiden Pole des menschlichen Lebens;
zwischen beiden ist nur albern Gekraeusel;
– die Welt.

Mit 39 Jahren heiratete er die 27 Jahre alte Clara Franziska Gabler. Sie wohnten gemeinsam neben dem Theater, in der Neubrückenstraße Nr. 2, und dort inszenierte er auch einige Komödien und Schauspiele – natürlich mit selbstkomponierter Musik… ein unfassbar produktiver und talentierter Mensch! 

Diese Ereignisse fallen auch in die Zeit Vagedes‘ (Auswahl):

  • 1801 starb der letzte Fürstbischof Münsters, Maximilian Franz von Österreich.

  • Overbergs Allgemeine Schulverordnung für das Münsterland erscheint 1801.

  • 1802 besetzte der preußische General Gebhard Leberecht von Blücher Münster.

  • 1806 endet Münsters erste Preußenzeit (Schlacht von Jena und Auerstädt). Es folgt ab 1811 die Franzosenzeit.

  • Ab 1809 dürfen keine polizeilichen Verfügungen mehr von Kirchenkanzeln herab erfolgen.

  • 1813 kehren die Preußen zurück.


Links und Weiterführendes:

  • Eine ziemlich ausführliche Beschreibung des Lebens und der vielseitigen Werke von Vagedes‘ findet sich auf Wikipedia, diese Texte werden auch genutzt auf den Seiten von Bernhard Große-Drenkpohl: Klick!
  • Auch im MünsterWiki findet Vagedes seinen Platz: Klick!
  • Als westfälischer Autor ist Vagedes auch Teil der Liste auf den Seiten der Literaturkommission des LWL: Klick!
  • Walter Kordt, Adolph von Vagedes. Ein rheinisch-westfälischer Baumeister der Goethezeit. Verlag Henn, Ratingen/Rheinland 1961

 

 

 

1 Kommentar

  1. Hannes Demming

    Lehrreich und hochinteressant. Danke sehr! Eine kleine Parallele zum Schreiber dieses Kommentars: Vagedes und er sind am 25. Mai geboren.

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