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Ein Geschenk an die Stadt Münster

Die erste Münsteraner Friedenskonferenz am 15. September 2023 im Historischen Rathaus am Prinzipalmarkt schreibt Geschichte. 

Dieser Ort ist voller positiver, optimistischer Symbolik – ganz besonders im 375. Jahr des Westfälischen Friedens.

Von meinem Arbeitsplatz aus blicke ich bei jeder meiner traditionellen Runden hinunter auf den Prinzipalmarkt und empfinde große Dankbarkeit, dass nach den verheerenden Zerstörungen der letzten Jahre des Zweiten Weltkrieges beschlossen worden war, die signifikanten Giebelhäuser an das historische Original angelehnt wieder aufzubauen.

Erst neulich begegnete ich einer Frau, die mir aus eigener Erfahrung berichtete, welchen nachhaltig erschütternden Eindruck die riesigen Trümmerberge auf sie gemacht hatten. Sie war ein kleines Kind an der Hand ihrer Mutter auf dem Domplatz. Auf einem engen Pfad ging es durch die Trümmer; denn hier wurden die Überreste der stolzen Giebelhäuser nach und nach gesammelt zum Abtransport.

Schon 1950 wurde inmitten dieser zerstörten Innenstadt bereits wieder ein städtischer Wächter oben auf dem Turm von St. Lamberti beschäftigt. Auch er gilt über die Jahrhunderte immer wieder als verlässliche Symbolfigur, dass Münster eine friedliche Zukunft hat.


Das wichtigste Wahrzeichen der Stadt – das münsterische Rathaus – blieb nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs lange Jahre eine Ruine. Die Stadt hatte für den Wiederaufbau kein Geld – und so erhielt sie ihr neues Rathaus als Geschenk, finanziert vor allem aus Spenden und Erlösen der Rathaus-Lotterie.

Für das 300-jährige Jubiläum des Westfälischen Friedens wurde 1948 der Friedenssaal wieder in die Ruine eingebaut. Auf Initiative des „Vereins der Kaufmannschaft“ begann 1950 mit der feierlichen Grundsteinlegung dann der eigentliche Wiederaufbau. Die Vollendung wurde am 30. Oktober 1958 mit einem großen Festakt gefeiert. Münsters Rathaus erstrahlte wieder in neuem Glanz.


Ein Geschenk an die Stadt
Das Rathaus in Münster. Der Wiederaufbau 1948-1958. Haunfelder/Rommé/Schollmeier; Aschendorff Verlag, Münster 2008 (1)

Ein denkwürdiger Tag vor 50 Jahren: Mit einem großen Festakt feierten die Münsteraner am 30. Oktober 1958 den Wiederaufbau ihres kriegszerstörten Rathauses. Das Wahrzeichen der Stadt erstrahlte in neuem Glanz. In einer Sonderausstellung erinnerte das Stadtmuseum an markante Bauetappen von 1948 bis zur feierlichen Übergabe zehn Jahre später. Zur letzten Aufgabe zählte 1957/1958 die Gestaltung von Festsaal und Rüstkammer. Das Foto zeigt die Deckenkonstruktion des Festsaals. Durch die noch nicht verkleideten Balken sieht man in den Dachstuhl mit den oberen Fensteröffnungen:

Rathausfestsaal im Wiederaufbau

Über 25.000 Menschen waren bereits am 9. Juli 1950 zur Ruine gekommen, um die Grundsteinlegung direkt mitzuerleben.
Der Vorsitzende der Kaufmannschaft, Friedrich Leopold Hüffer erinnerte in seiner Festrede zur Vollendung an die Geschichte des Wiederaufbaus:

Während bereits einige der Giebelhäuser wieder neu entstanden sind und Zuversicht des Neubeginns symbolisierten, war das Rathaus noch eine trostlose Trümmerhalde. Die Kaufmannschaft unterschrieb eine Resolution, und der Rat der Stadt Münster beschied daraufhin die Einberufung eines „Ausschusses für den Wiederaufbau des Rathauses zu Münster“. 

Nun kam die Rathauslotterie ins Spiel: Von Kleidung über Haushaltswaren gab es allerlei Gewinne bis hin zum westfälischen Schinken und als ein Hauptgewinn: Ein Borgward Hansa 500!

Ein Schild warb auf plattdeutsch: „All’s för 50 Pennink!”

So kam das Geld für die Durchführung des ehrgeizigen Planes zusammen.

Presseamt Stadt Münster, Klick!

Dr. Heinrich Brüning, ehemaliger Reichskanzler und Ehrenbürger Münsters, stellte fest: 

 In einer Stadt wie der unsrigen sind die Bauten der Vergangenheit mehr als tote Steine.

Ich stelle mir immer vor, was mir die Steine wohl erzählen würden, könnten sie sprechen. Wenn ich wie alle meine städtischen Vorgänger auf dem Turm der katholischen Stadt- und Marktkirche stehe und über die Dächer schaue, bin ich mir der großen historischen Bedeutung vieler Ereignisse in meiner Wahlheimat bewusst. 

Die neue Friedenskonferenz ist eine hoffnungsvolle Botschaft in unseren krisenhaften Zeiten.

Ein friedvolles Tuuut!

Eure Türmerin von Münster.

1 Kommentar

  1. Hannes Demming

    Lambertus sal liäwen
    Seit ji de höltʼne Pyramide staon, med Gröön un giäle Blomen uutstaffeerd? Seit ji de viëlen Kinnertröpkes gaon? Se singt dat olle Leed, wu seʼt häbt läärd.
    Se fraogt den guëden Frönd: „Säg, wat is een, wat twee, drei, veer, fief, ses, wat siëben, acht, wat niëgen, tein, iälf, twiälf? Se wegt bineen inʼn Kring sik, hüpt, wenkt, springt, danst, singt un lacht, stiäkt iäre Lechtkes up de Pyramide. Dao löchtet Sun un Maonʼ un drei Dutz Stärnʼ, Schabellenköppʼ un wat nich aals inʼt Wide.
    Dan kümp de lange Singsang van den Härn, we schikt den Jockel uut toʼt Appelnsmiten. Un Lise fröge den Hinnik, wu se wul – kiek äs, dat Wicht hät üörndlik stramme Küten! – en löckeriggen Waterpot kreeg vul.
    In Kinneraigskes spaigelt sik Lantüchten. De Grauten denkt en Hiärtslag lang vlicht trüg. Dat Leed, dat Doon, se driägt iär äs up Flüchten inʼt Kinnerland wier un baut so ʼne Brüggʼ to al de, we in düssen Kring häbt sungen siet öldste Tiden, trocken van dat Lecht.
    Düörʼt swaore Platdüüdsk stolpereert de Tungen: Et is dat Leed van Buër, Frau, Kind, Maagd, Knecht . „O, Buër, wat kostʼt dien Hai?“ Ji siälʼgen Töne! Wat gau is düt Lambertusspiël vüörbi! Wat gau laupt alle wier för sik allene, kruupt in sik söws harin, wärdt raor un schüü!
    Daal briänt de Kärßkes, haller wärdt de Stemmen. De Buër krig en Schup. Kik, wu he lacht! De iärsten Stärne süüt mʼ plinkern, glämmen. Dat wasʼt. För düt Jaor blaots? Sacht kümp de Nacht. Un up den langen Lambert blösʼt vanʼn Torn: „Lambertus uut! Vüörbi!“ singt Martjes Horn.

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