Früher – noch gar nicht so lange her – wurden bestimmte Glocken vor allem zur Gefahrenabwehr geläutet, eine besondere Position nimmt hierbei das Wetterläuten ein.

Glockengeläut sollte Gewitterwolken hinfort fegen – manchmal scheint das wohl auch funktioniert zu haben, die Tradition hielt sich jedenfalls eine ganze Weile, und in einigen Gegenden Süddeutschlands oder im österreichischen Alpenraum sollen auch heute noch Glocken samt ihren lateinischen Inschriften allerlei Wetterkapriolen abwehren.

Die Umschriften können den Glockengießer, die Herkunft, das Jahr und eben manchmal auch die Widmung und die Patronage angeben –


Beispiel:

Rats- und Brandglocke auf St. Lamberti
(1594 gegossen von Herman von Essen, Gewicht: 1500 kg, Ton ~d1)

VOCOR HORRIBILIS
TEMPORE PERICULI
CIVES CONVOCANS
ANNO DOMINI 1594

Auf deutsch:  Ich werde die Schreckliche genannt, weil ich die Bürger in Zeiten der Gefahr zusammenrufe. Im Jahre des Herrn 1594.

Wie eine Glocke entsteht, kann man z.B. in Gescher im Westfälischen Glockenmuseum erleben: Klick! 

Und kennt noch jemand Schiller’s Glocke? Die Kurzfassung geht so:

Loch in Erde,
Bronze rin.
Glocke fertig,
bim, bim, bim!

Übrigens: Andreas Romberg aus der Musikerfamilie Romberg, der seine Jugend in Münster verbrachte, hat das (in Wirklichkeit sehr viel längere) Gedicht Friedrich Schillers wunderschön berührend vertont, ganz klarer Hör-Tipp!

Glocken, Glocken allüberall – und ganz besonders an diesem Tage im Europäischen Kulturerbejahr:

Zum Weltfriedenstag am 21. September 2018 wird Glockengeläut nun europaweit für den Frieden eingesetzt – eine virtuelle Karte zeigt die Glocken an, die ihre Teilnahme eingetragen haben: Sharing Heritage – Klick!

„Friede sei ihr erst Geläute! Ringing the Bells – Als gemeinsames starkes Zeichen des Friedens, der Ermunterung und der Identifikation mit unserem reichen gemeinsamen Kulturerbe in und für Europa rufen wir am Weltfriedenstag zum europaweiten Glockenläuten auf.“

Das Deutsche Nationalkomitee Denkmalschutz (DNK) sagt:

Glocken sind Zeugnisse einer uralten Kulturtradition.
Ihr Klang ist gelebtes Erbe.
Ihr Ziel: Die Menschen erreichen, verbinden und bewegen.

Und deshalb sollen viele Glockeneigentümer*innen als gemeinsames starkes Zeichen des Friedens, der Ermunterung und der Identifikation mit unserem reichen gemeinsamen Kulturerbe in und für Europa ihre Glocken läuten.

Wann?
21. September 2018
um 18 Uhr bis 18:15 Uhr.

Aus dem Pfarrbüro St. Lamberti zu Münster heißt es, die Stadt- und Marktkirche werde sich auch beteiligen.

Die Rats- und Brandglocke, ebenfalls auf der St. Lambertikirche, gehört nicht zum kirchlichen Geläut – aber auch städtische, weltliche und private Glocken sind ausdrücklich gemeint, und deshalb wird auch diese für das historische Türmeramt wichtige Glocke erklingen – angeschlagen von der Türmerin natürlich.

Also wundert euch nicht, wenn ihr sie hört – es ist noch nicht wieder Kommunalwahl, auch keine Oberbürgermeistervereidigung, ebensowenig wird da Feind, Feuer oder Gewitter weggeläutet, sondern es ist Weltfriedenstag!

Und woher stammt das Motto „Friede sei ihr erst Geläute“? – Na klar: Aus dem Lied der Glocke von unserem Schiller – eine steinerne Apostelfigur am Westportal der St. Lambertikirche trägt übrigens des jungen Schillers Antlitz…

Jetzo mit der Kraft des Stranges 
Wiegt die Glock mir aus der Gruft, 
Daß sie in das Reich des Klanges 
Steige, in die Himmelsluft. 
Zehet, ziehet, hebt! 
Sie bewegt sich, schwebt, 
Freude dieser Stadt bedeute, 
Friede sei ihr erst Geläute.

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